ANISA, Verein für alpine Forschung (www.anisa.at)

 

Forschungsberichte der ANISA für das Internet. 9, 2014 (ANISA FB I. 9, 2014)

 

Datierungsversuche von Steinstrukturen im Kammergebirge (Kemetgebirge) mit Hilfe der Denudation

Strukturen von mittelalterlichen und neuzeitlichen Almhütten und Steine

Dachsteingebirge, Steiermark

 

7. Internetbeitrag zum Thema Denudation und Datierung

Franz Mandl (04.07.2014)

 

Die hier veröffentlichten Internetbeiträge zu den Datierungsversuchen mithilfe der Denudation sollen Feldarbeiten dokumentieren. Dabei sollen auch Regeln für einen verlässlichen Umgang mit dieser Methode erarbeitet werden, wobei verschiedenen Parametern Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Dazu zählen: Analyse des Geländes, Erkennen des Gesteins, Merkmale der Steine, Strukturformen, Messmethoden und vieles mehr. Daraus soll eine Gesamteinschätzung der Umstände gewonnen werden, sodass diese in Hinblick auf das zu erwartende Ergebnis qualifiziert werden können (z.B. sehr gute-, gute-, brauchbare-, mäßige-, unbrauchbare Voraussetzungen). Ebenfalls sollte überlegt werden, ob alle Kanten eines Steines gemessen werden sollten, um daraus einen gemittelten Messwert zu errechnen. Auch eine weitere Dimension sollte berücksichtigt werden, nämlich die Zufälligkeit des Zerfalls von anthropogenen Baulichkeiten. Ungefähr 100 Objekte sind für dieses Mess- und Dokumentationsprojekt geplant, was mehrere Jahre Arbeit in Anspruch nehmen dürfte. Alle diese Messungen werden hier im Internet im Laufe der Zeit vorgestellt. Abschließend soll ein Gesamtergebnis in einer eigenen Publikation veröffentlicht werden. Ortsnamen und Koordinaten werden aus Gründen des Denkmalschutzes nicht angegeben.

 

Vorläufige Genauigkeitseinteilung, Abweichung vom ermittelten Denudationsalter in %

sehr genau      bis 10 %

gut:                  bis 30 %

brauchbar:       bis 60 %

mäßig:             bis 100 %

unbrauchbar:  mehr als 100 %

 

 

Steinstruktur, Kammergebirge, Objekt 1 (BG)

Die Bausteine weisen Kantenrundungen zwischen ≈10 und ≈20 mm auf. Der Durchschnittswert beträgt 12 mm. Die Messvoraussetzung ist als brauchbar einzustufen. Eine Datierung ist möglich.

Objekt: Steinlegung in Bergsturzfelsen, möglicherweise Fundament eines Blockbaues

Baumbestand: Rodungsareal und natürliche waldfreie Grube durch das Kleinklima

Erhaltung (ungestört, gestört, starke Verfallsmerkmale ): ungestört

Lage (Grube, Rücken, Kuppe, Ebene, Pass, Höhe, ): Grube mit Lacken ebenen Flächen 1620 m

Funde: wenige Meter entfernt Feuerstelle und Streufund einer spätrömischen Münze

Biogene Situation: Grasboden

Struktur, Form, Größe: Struktur, rechteckig, 300 x 350 cm

GPS-Messpunkte: ja

Skizze, Plan, Fotos: Skizze und Fotos

Datierungsmöglichkeiten, vorliegende Datierungsergebnisse: -

Gestein: Dachsteinkalk

Steine, Anzahl: ≈50

Messtauglichkeit (Berücksichtigungsfaktoren: sehr gut= 1, gut= 2, brauchbar= 3, mäßig= 4, unbrauchbar= 5): 3

Bausteine-Dokumentationen (Foto, Skizze, Plan): Fotos

Kantenrundungen der Bausteine (Messdaten aus: Lage, Oberflächenstruktur, biogener Einfluss, Wetterseiten, Höhe des Steines, Winkel der Kante): 10 - 20 mm

Messergebnisse-Durchschnittswert: 12 mm

Genauigkeitswert: 1200 Jahre (Abweichung beträgt 60%= max. bis zu 720 Jahre)

Denudationsalter: AD 814 ([2014=0]; BP 1200 +/-360)

Datenablage: Arbeitsbuch 2014, Festplatte

AD: Anno Domini (n.Chr.); BC: vor Christus; BP: vor heute; ≈: ist ungefähr gleich; Ø: Genauigkeit unbrauchbar; sehr genau bis 10 %, gut: bis 30 %, brauchbar: bis 60 %, mäßig: bis 100 %, unbrauchbar: mehr als 100 %

 

Denudationsprojekt der ANISA, Verein für alpine Forschung 2014, Dachsteingebirge

Abb. 1: Die südwestliche Begrenzungssteine weisen eine eindeutige Schichtung auf. Die roten Messscheiben haben einen Durchmesser von 10 cm.

 

Almwüstung, Kammergebirge, Objekt 1 (W)

Die Bausteine weisen Kantenrundungen zwischen ≈3 und ≈10 mm und einige wenige Steine bis zu 20 mm auf. Der Durchschnittswert beträgt 6 mm und 15 mm. Die Messvoraussetzung ist als brauchbar einzustufen. Eine Datierung ist möglich.

Objekt: Steinstruktur einer spätmittelalterlichen Almwüstung

Baumbestand: Rodungsareal und natürliche waldfreie Grube durch das Kleinklima

Erhaltung (ungestört, gestört, starke Verfallsmerkmale ): wenig gestört

Lage (Grube, Rücken, Kuppe, Ebene, Pass, Höhe, ): ebene Fläche auf seichter Anhähe,1675 m

Funde: Keramikscherben aus dem 14. bis 16. Jahrhundert

Biogene Situation: Grasboden

Struktur, Form, Größe: Struktur, rechteckig, 10,25 x 29,00 m

GPS-Messpunkte: 1

Skizze, Plan, Fotos: Skizze und Fotos

Datierungsmöglichkeiten, vorliegende Datierungsergebnisse: Spätmittelalter/frühe Neuzeit

Gestein: Dachsteinkalk

Steine, Anzahl: ≈150

Messtauglichkeit (Berücksichtigungsfaktoren: sehr gut= 1, gut= 2, brauchbar= 3, mäßig= 4, unbrauchbar= 5): 3

Bausteine-Dokumentationen (Foto, Skizze, Plan): Fotos

Kantenrundungen der Bausteine (Messdaten aus: Lage, Oberflächenstruktur, biogener Einfluss, Wetterseiten, Höhe des Steines, Winkel der Kante): 3, 5, 5, 7, 10 mm

Messergebnisse-Durchschnittswert: 6 mm

Genauigkeitswert: 600 Jahre (Abweichung beträgt 60%= max. bis zu 360 Jahre)

Denudationsalter: ≈AD 1414 Jahre ±180 Jahre ([2014=0]; BP 420-780)

Datenablage: Arbeitsbuch 2014, Festplatte

AD: Anno Domini (n.Chr.); BC: vor Christus; BP: vor heute; ≈: ist ungefähr gleich; Ø: Genauigkeit unbrauchbar; sehr genau bis 10 %, gut: bis 30 %, brauchbar: bis 60 %, mäßig: bis 100 %, unbrauchbar: mehr als 100 %

 

 

Denudationsprojekt der ANISA, Verein für alpine Forschung 2014, Dachsteingebirge

Abb. 2: Fundamentsteine von vier Blockhütten. Die roten Messscheiben haben einen Durchmesser von 10 cm.

 

Denudationsprojekt der ANISA, Verein für alpine Forschung 2014, Dachsteingebirge

Abb. 3: Einige der Bausteine weisen erhebliche Kantenrundungen auf und könnten von einem spätantiken Vorgängerbau stammen.

 

Fundamentsteine einer Hütte, Kammergebirge, Objekt 2 (W)

Die Bausteine weisen teils erhebliche Auflösungsvorgänge aber auch kantige Bruchflächen auf. Kantenrundungen von 18 mm. Die Messvoraussetzung ist als brauchbar einzustufen. Eine Datierung ist möglich.

Objekt: Almhütte

Baumbestand: kleinklimabedingt natürlich waldfrei

Erhaltung (ungestört, gestört, starke Verfallsmerkmale ): gestört, starke Verfallsmerkmale

Lage (Grube, Rücken, Kuppe, Ebene, Pass, Höhe, ): Grube mit ebenen Flächen 1659 m

Biogene Situation: Grasboden auf Dachsteinkalk

Struktur, Form, Größe: Struktur, rechteckig, 260 x 360 cm

GPS-Messpunkte: 1

Skizze, Plan, Fotos: Skizze und Fotos

Datierungsmöglichkeiten, vorliegende Datierungsergebnisse: zentraler Steinbau 19. Jahrhundert. Steinstrukturen mit Keramikfunden in das Spätmittelalter und der Neuzeit zu datieren

Gestein: Dachsteinkalk

Steine, Anzahl: hunderte

Messtauglichkeit (Berücksichtigungsfaktoren: sehr gut= 1, gut=2, brauchbar=3, mäßig=4, unbrauchbar=5): 2

Bausteine-Dokumentationen (Foto, Skizze, Plan): Fotos

Kantenrundungen der Bausteine (Messdaten aus: Lage, Oberflächenstruktur, biogener Einfluss, Wetterseiten, Höhe des Steines, Winkel der Kante): 15, 16, 16, 20, 20, 22

Messergebnisse-Durchschnittswert: 18 mm

Genauigkeitswert: 1800 Jahre (Abweichung beträgt 30%= max. bis zu 540 Jahre)

Denudationsalter: ≈AD 214 ±270 Jahre ([2014=0]; BP 1530-2070)

Datenablage: Arbeitsbuch 2014, Festplatte

AD: Anno Domini (n.Chr.); BC: vor Christus; BP: vor heute; ≈: ist ungefähr gleich; Ø: Genauigkeit unbrauchbar; sehr genau bis 10 %, gut: bis 30 %, brauchbar: bis 60 %, mäßig: bis 100 %, unbrauchbar: mehr als 100 %

 

Denudationsprojekt der ANISA, Verein für alpine Forschung 2014, Dachsteingebirge

Abb. 4: Steinstruktur eines Blockbaues. Die roten Messscheiben haben einen Durchmesser von 10 cm.

 

Denudationsprojekt der ANISA, Verein für alpine Forschung 2014, Dachsteingebirge

Abb. 5: Detailabbildung. Erheblich kantengerundete Steine eines Blockbaufundamentes.

 

Denudationsprojekt der ANISA, Verein für alpine Forschung 2014, Dachsteingebirge 

Abb. 6: Bruch eines Bausteines. Gut sichtbar ist die scharfkantige Bruchlinie aus den letzten Jahrzehnten

 

Steinhag eines Angers. Kammergebirge, Objekt 2 (W)

Die Bausteine des Zauns wurden aus Dachsteinkalk errichtet. Teils sind es Legesteine, teils zugearbeitete Bausteine.

Objekt: Hag

Baumbestand: Rodungsareal und kleinklimabedingt natürlich waldfrei

Erhaltung (ungestört, gestört, starke Verfallsmerkmale ): gestört, starke Verfallsmerkmale

Lage (Grube, Rücken, Kuppe, Ebene, Pass, Höhe, ): Grube mit ebenen Flächen 1640 m

Biogene Situation: Grasboden auf Dachsteinkalk

Struktur, Form, Größe: Struktur, rechteckig, 39 m

GPS-Messpunkte: -

Skizze, Plan, Fotos: Fotos

Datierungsmöglichkeiten, vorliegende Datierungsergebnisse: Keramikscherben aus dem Spätmittelalter und der Neuzeit

Gestein: Dachsteinkalk

Steine, Anzahl: hunderte

Messtauglichkeit (Berücksichtigungsfaktoren: sehr gut= 1, gut=2, brauchbar=3, mäßig=4, unbrauchbar=5): 4 bis 5

Bausteine-Dokumentationen (Foto, Skizze, Plan): Fotos

Kantenrundungen der Bausteine (Messdaten aus: Lage, Oberflächenstruktur, biogener Einfluss, Wetterseiten, Höhe des Steines, Winkel der Kante): ≈5

Messergebnisse-Durchschnittswert: 5 mm

Genauigkeitswert: 500 Jahre (Abweichung beträgt 100%= max. bis zu 500 Jahre)

Denudationsalter: ≈AD 1514 Jahre ±500 Jahre ([2014=0]; BP 0-1000)

Datenablage: Arbeitsbuch 2014, Festplatte

AD: Anno Domini (n.Chr.); BC: vor Christus; BP: vor heute; ≈: ist ungefähr gleich; Ø: Genauigkeit unbrauchbar; sehr genau bis 10 %, gut: bis 30 %, brauchbar: bis 60 %, mäßig: bis 100 %, unbrauchbar: mehr als 100 %

 

Denudationsprojekt der ANISA, Verein für alpine Forschung 2014, Dachsteingebirge

Abb. 7: Detail des Steinhags. Unterschiedliche Auflösungsgrade lassen eine genaue Datierung nicht zu.

 

Zusammenfassung

Mehrere Objekte weisen einen unterschiedlichen Denudationsfortschritt auf. An solchen Objekten ist eine mehrphasige Besiedlung wahrscheinlich. Sehr gut erkennbar sind die Bausteine der Spätantike. Sie weisen erheblich Kantenrundungen auf und sind bereits tief in der Grasnarbe eingebettet.

 

Alle Fotos von Franz Mandl, ANISA, Verein für alpine Forschung

 

 

© Alle Rechte vorbehalten! Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

 

Meinungen zu diesem Beitrag bitte an: franz.mandl@anisa.at

 

zurück zur Übersicht

zur Hauptseite