ANISA, Verein für alpine Forschung (www.anisa.at)
Forschungsberichte der ANISA für das Internet. 4, 2014 (ANISA FB I. 4, 2014)
Datierungsversuche von Steinstrukturen auf der Viehbergalm und im Randbereich des Viehbergmooses mit Hilfe der Denudation
Traditionelle Almhütten und aktuelle Baumaßnahmen auf der Viehbergalm 2014
Dachsteingebirge, Steiermark
2. Internetbeitrag zum Thema Denudation und Datierung
Franz Mandl (26.04.2014)
Die hier veröffentlichten Internetbeiträge zu den Datierungsversuchen mithilfe der Denudation sollen Feldarbeiten dokumentieren. Dabei sollen auch Regeln für einen verlässlichen Umgang mit dieser Methode erarbeitet werden, wobei verschiedenen Parametern Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Dazu zählen: Analyse des Geländes, Erkennen des Gesteins, Merkmale der Steine, Strukturformen, Messmethoden und vieles mehr. Daraus soll eine Gesamteinschätzung der Umstände gewonnen werden, sodass diese in Hinblick auf das zu erwartende Ergebnis qualifiziert werden können (z.B. ideale-, brauchbare-, mäßige-, unbrauchbare Voraussetzungen). Ebenfalls sollte überlegt werden, ob alle Kanten eines Steines gemessen werden sollten, um daraus einen gemittelten Messwert zu errechnen. Auch eine weitere Dimension sollte berücksichtigt werden, nämlich die Zufälligkeit des Zerfalls von anthropogenen Baulichkeiten. Ungefähr 100 Objekte sind für dieses Mess- und Dokumentationsprojekt geplant, was mehrere Jahre Arbeit in Anspruch nehmen dürfte. Alle diese Messungen werden hier im Internet im Laufe der Zeit vorgestellt. Abschließend soll ein Gesamtergebnis in einer eigenen Publikation veröffentlicht werden.
Viehbergalm
Mehrere Auffälligkeiten im Gelände der Viehbergalm machten eine weitere Oberflächenbegehung mit Dokumentationen notwendig. Im Nordostbereich liegen unterschiedlich Kantengerundete Blöcke aus gebanktem Dachsteinkalk nebeneinander. Die unterschiedlichen Auflösungsvorgänge sind gut sichtbar (siehe dazu die Abbildung 1). Zwischen Objekt 1086 und 1084 befinden sich die Reste einer Steinmauer und der Steinstruktur der Hütte 505 mit Herdstelle (siehe dazu die Abbildungen 2 bis 4 und die Riedkarte des Franziszeischen Katasters im 1. Beitrag).
Abb. 1: Im Vordergrund liegen kantengerundete Steine. Der große, etwa 2 m hohe Stein ist an seiner Oberfläche scharfkantig und dürfte im Zuge des in den 1980er Jahren knapp darüber durchgeführten Forststraßenbaues herabgestürzt sein.
Abb. 2: Die Reste der Steinmauer im Vordergrund weisen erhebliche Kantenrundungen auf.
Abb. 3: Nach den Messungen ist diese Mauer 1700 Jahre+/- 400 Jahre alt.
Abb.4: Die wenigen freiliegenden Steine der 6 x 10 m großen Hütte mit Herdstelle (2 x 2 m) erlauben keine genaue Messung. Die Kantenrundungen in einer Größenordnung von 2 bis 10 mm weisen in das Spätmittelalter bis frühe Neuzeit.
Viehbergmoos
Am Nordostrand der Wiese mit verlandeter Lacke sind drei Steinstrukturen zu erkennen. Sie könnten Hüttenfundamentsteine sein. Die Lage der Steine und ihre fortgeschrittene Kantenauflösung weisen prima facie auf ein höheres Alter hin. Zwei Strukturen aus unterschiedlichen Epochen dürften einander überschneiden. Die 8 Messungen an der linken Struktur bewegen sich zwischen 16 und 22 mm. Das ergibt ein Alter von 1800 Jahren (AD 200 +/- 400). Die 5 Messungen an der rechten Struktur bewegen sich zwischen 10 und 15 mm. Das ergibt ein Alter von 1200 Jahre (AD 800 +/- 250). Eingeräumt werden muss dabei, dass es sich nur mit Vorbehalt um Hüttenstrukturen handelt und die Messvoraussetzungen bei den einzelnen Steinen sehr unterschiedlich sind. Die Situation weist daher nur mäßige Voraussetzungen für eine zuverlässige Datierung auf.
Abb.5: Blick auf die beiden Steinstrukturen (4 x 9 m)
Abb.6: Typisch für alte anthropogenen Steinlegungen sind deren parallel verlaufende Linienzüge und Steine, die ebene, die Grasnarbe kaum überragende Flächen bilden.
Abb.7: Eine der Kanten der linken Steinstruktur
Fotos zur historischen und zeitgenössischen Hüttenarchitektur auf der Viehbergalm
Abb.8: Traditionelles Fundament. Fundamentsteine tragen einen dreiteiligen Blockbau.
Abb.9: Sanfte Revitalisierung einer Gröbminger Almhütte auf der Viehbergalm. Die Fundamente werden heute standardgemäß aus Beton errichtet. Der Blockbau liegt so auf einer durchgehend ebenen Fläche auf.
Abb.10: Aber auch stillose Wucherung ist auf der Viehbergalm zu beobachten.
Zur Geschichte der Viehbergalm (Kopie aus dem 1. Beitrag)
Die Viehbergalm wird in Urkunden erstmals 1486 genannt (W. Abrahamczik, 1962, 51). Auch die spärlichen Keramikfunde datieren lediglich bis in das 15. Jahrhundert (J. Kraschitzer/F. Mandl, 2009, 106). Die früheste Nennung eines Hofes, der ein Almrecht auf der Viehbergalm hat, erfolgte bei der Gründung des Stiftes Admont 1074, das eine Hube im Winkel - wahrscheinlich vlg. Ritzinger - erhielt. Im oberen Ennstal ist Besitz des Erzstiftes Salzburg bis in das 10. Jahrhundert zurück urkundlich nachweisbar.
Literatur:
ABRAHAMCZIK, Walter (1962): Die Almen und Wälder im steirischen Teil des Dachsteinstockes in ihrer historischen Entwicklung. In: Centralblatt für das gesamte Forstwesen. Organ der forstlichen Abteilung der Hochschule für Bodenkultur und der forstlichen Bundesversuchsanstalt Mariabrunn in Wien. Geleitet von H. Kuhn. 79. Jg./Heft 1-2, 1962, S. 51.
Geologische Karte der Dachsteinregion. 1 : 50.000. Beilage 1. Archiv für Lagerstättenforschung der Geologischen Bundesanstalt, Band 21. Wien 1998.
KRASCHITZER, Johanna/Franz MANDL (2009): Keramik von Almen des Dachsteingebirges und des Toten Gebirges, Forschungsberichte der ANISA 2, Haus i. E. 2009, S. 106.
MANDL, Franz (2014): Die Denudation des Dachsteinkalks als Datierungshilfe für die hochalpine Wüstungsforschung. Bausteine Hüttenstrukturen, Viehpferche, Steinmarkierungen und Wasserbecken. In: Forschungsberichte der ANISA 2, Haus i. E. 2014, S. 49-64.
Alle Fotos von Franz Mandl, ANISA, Verein für alpine Forschung
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