Im Namen der Republik

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz Mandl, Heimatforscher, Haus im Ennstal Nr 92, vertreten durch Hauser Newole & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei Mag. Werner Pichler, HTL-Professor, Vöcklabruck, Wagrainerstraße 9, vertreten durch Dr. Sieglinde Lindmayr, Dr. Michael Bauer, Dr. Günter Secklehner Rechtsanwalts-OEG in Liezen, wegen Unterlassung (Streitwert 25.435,49 EUR), Beseitigung  (Streitwert 3.633,64 EUR), Rechnungslegung (Streitwert 3.633,64 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 3.633,64 FUR), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 20. September 2002, GZ 6 R 70/02k, 71/02g-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Wels vom 11. Februar 2002, GZ 3 Cg 289101m-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden teilweise abgeändert, sodass die Entscheidung - unter Einschluss des bestätigten Ausspruchs - insgesamt zu lauten hat:

“1. Der Beklagte ist schuldig, es im Rahmen seiner Tätigkeit auf dem Fachgebiet der Felsbildforschung zu unterlassen, ein vom Kläger geschaffenes Werk, insbesondere die vom Kläger geschaffene und in dem vom Kläger als Mitautor verfassten Buch “Zeichen auf dem Fels - Spuren alpiner Volkskultur. Felsritzbilder im unteren Saalachtal“, herausgegeben vom Museumsverein Festung Kniepaß (Ausstellungskatalog Unken 1991), auf Seite 211 dieses Buches veröffentlichte, dort als Skizze 142 bezeichnete bildliche Darstellung mit dem Titel “Chaos- und multistratale Formen, Spiralen (Labyrinthe)“, mit der ein in der Natur (Kallbrunnalm im Lofer-Gebiet) existierendes Felsritzbild dargestellt wird, oder Teile dieser bildlichen Darstellung, ohne Zustimmung des Klägers zu vervielfältigen und zu verbreiten, sofern die Vervielfältigung und Verbreitung nicht unter den Voraussetzungen des § 46 UrhG oder eines sonstigen gesetzlichen Ausnahmetatbestandes gerechtfertigt sein sollte und/oder daran zum Zweck der Vervielfältigung und Verbreitung Änderungen vorzunehmen, insbesondere durch Weglassen (Entfernen) einzelner Teile der vorstehend erwähnten Skizze 142 und Umkehrung der schwarz-weißen Farbgestaltung, und/oder im Fall der Vervielfältigung und Verbreitung, insbesondere auch im Rahmen einer freien Werknutzung nach § 46 UrhG, dieses vom Kläger stammende Werk oder Teile hievon mit keiner oder einer unrichtigen Quellenangabe (Titel und Urheberbezeichnung) zu versehen, insbesondere tatsachenwidrig sich selbst - den Beklagten - als Urheber des vom Kläger stammenden Werkes zu bezeichnen, indem in einem Abbildungsnachweis eines vom Beklagten verfassten Buches in tatsachenwidriger und irreführender Weise eine vom Kläger stammende, vom Beklagten unrechtmäßig geänderte und vervielfältigte Skizze wissenschaftlicher oder belehrender Art nicht angeführt und unrichtig behauptet wird, dass alle übrigen (nicht angeführten) Abbildungen vom Beklagten selbst stammten.

2. Der Beklagte ist schuldig, den dem Gesetz widerstreitenden Zustand dadurch zu beseitigen, das bei sämtlichen noch in der rechtlichen Verfügungsmacht des Beklagten stehenden Exemplaren des vom Beklagten verfassten und verlegten Buchs “Zeichen der Vorzeit. Felsbilder der Alpen“ die auf Seite 73 gedruckte Skizze mit der Bezeichnung “Abbildung 76: Adler-Felsen: Labyrinth“ in geeigneter Weise zur Gänze aus dem Buchbestand entfernt wird.

3. Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger Rechnung zu legen über sämtliche von ihm bis zum Zeitpunkt der Rechnungslegung verkauften Exemplare des vom Beklagten verfassten und verlegten Buchs “Zeichen der Vorzeit. Felsbilder der Alpen“, wobei die Zahl der verkauften Exemplare, die Verkaufspreise, die Namen und Anschriften der Käufer und die Verkaufstermine unter Anschluss der Belege und der allfälligen zugehörigen schriftlichen Vereinbarungen anzugeben sind, und die Richtigkeit der Rechnungslegung auf schriftliches Verlangen des Klägers durch einen Sachverständigen prüfen zu lassen.

Das Mehrbegehren, dem Kläger werde die Ermächtigung erteilt, den klagestattgebenden Urteilsspruch mit Ausnahme der Entscheidung über den Rechnungslegungsanspruch und den Kostenersatzanspruch samt vollständigem Urteilskopf und großgedruckter Überschrift ‘Im Namen der Republik‘ in einer Samstag-Ausgabe innerhalb der ersten acht Textseiten der Tageszeitung ‘Die Presse‘ und ‘Der Standard‘ (jeweils in der Gesamtausgabe für Österreich) jeweils in der Schriftgröße redaktioneller Artikel mit gesperrt- und fettgedruckten Namen der Prozessparteien und mit Fettdruckumrandung innerhalb von sechs Monaten nach rechtskräftiger Beendigung dieses Rechtsstreits auf Kosten des Beklagten veröffentlichen zu lassen, wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 5.175,65 EUR (darin 779,87 EUR USt und 496,43 EUR Barauslagen) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 5.072,67 EUR (darin 559.09 EUR USt und 1.718,10 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Felsritzforscher. Er ist nicht erwerbstätig, hat bisher noch keine eigenen Publikationen verkauft und aus seiner wissenschaftlichen Arbeit noch keine eigenen Einnahmen erzielt. Er beabsichtigt, ein Werk über Felsritzbilder selbst herauszugeben, um hieraus Einnahmen zu erzielen. Er ist Mitautor des vom Museumsverein Festung Kniepaß anlässlich einer Ausstellung 1991 als Katalog zur Ausstellung herausgegebenen Buches “Zeichen auf dem Fels -Spuren alpiner Volkskultur. Felsritzbilder im unteren Saalachtal“. Der Kläger hat für diesen Katalog den mit seinem Namen gekennzeichneten Beitrag “Zeichen auf dem Fels - Spuren alpiner Volkskultur“ verfasst. Der Kläger hat dem Museumsverein die Veröffentlichung seines Beitrags im Ausstellungskatalog gestattet. Das Buch ist gleichzeitig das Heft 2+3/1991 der Mitteilungen eines Vereins, dessen Obmann der Kläger ist. Auf Seite 211 des Buches befindet sich unter der Überschrift “Chaos- und multistratale Formen, Spiralen (Labyrinthe)“ die Abbildung Nr 142. Es handelt sich dabei um die Wiedergabe einer vom Kläger angefertigten Zeichnung eines von Helmut Adler aufgefundenen Felsritzbilds, das sich an den Abhängen des Steinernen Meeres (Kallbrunnalm im Lofer-Gebiet) in einem vor Witterung geschützten Bereich des nach seinem Entdecker benannten Adler-Felsens befindet. Die Zeichnung entstand am Schreibtisch anhand eines Fotos des Klägers und eines von ihm im Wege eines Silikonabzugs hergestellten Gipsabdrucks. Der Kläger übernahm in seine Zeichnung die vorgefundenen Felsritzungen nicht vollständig und unkritisch. Einerseits nahm er - im Sinn einer subjektiven Interpretation - bewusst solche Linien nicht in seine Zeichnung auf, die seiner Ansicht nach deshalb nicht “dazugehörten“, weil sie zeitlich nicht der Entstehungszeit (Hochmittelalter oder früher) zuzuordnen und erst nachträglich hinzugefügt worden seien; andererseits unterliefen dem Kläger auch unabsichtliche Weglassungen, die er heute als echte Fehler bezeichnet, weil er bei Anfertigung der Zeichnung - gemessen an seinem späteren Erkenntnisstand - manche Zeichenelemente übersehen habe. Nachfolgend sind eine Fotografie des Felsbilds (links) und die Zeichnung des Klägers (rechts) einander gegenübergestellt:

 

Der Beklagte unterrichtet an einer HTL und befasst sich daneben mit der Felsritzforschung. Er ist Verfasser, Herausgeber und Verleger des 2001 erschienenen Buches “Zeichen der Vorzeit. Felsbilder der Alpen“. Das Buch erschien in einer Auflage von 800 Stück, erforderte ca 140.000 S Herstellungskosten (Satz, Druck, Binden) und wurde im Buchhandel und vom Beklagten selbst um 298 S vertrieben. Das Buch soll nach den Vorstellungen des Beklagten dem Leser einen Überblick über Felsritzungen im gesamten Alpenbereich mit entsprechender Herausarbeitung der Bildmotive in den verschiedenen Regionen geben. Der Beklagte verwendete in diesem Buch über 100 Abbildungen (Zeichnungen, Fotos uä) anderer Forscher. In seinem Buch weist der Beklagte darauf hin, dass der Kläger die von Helmut Adler begonnene Erforschung des Raumes Saalachtal fortgesetzt habe; genannt wird der Name von Helmut Adler als Entdecker des Felsritzbildes des Adler-Felsens und wiederholt auch der Name des Klägers samt einigen seiner Veröffentlichungen. Der Name des Klägers ist im Personenregister, nicht aber im Abbildungsnachweis angeführt. Auf Seite 73 des Buches befindet sich die Abbildung Nr. 76: “Adler-Felsen: Labyrinth“. Der Beklagte sieht diese Abbildung als das Ergebnis seines eigenen Schaffens an. Sie hat folgendes Aussehen:

Die Druckvorlage zu dieser Abbildung ist so entstanden, dass der Beklagte die Zeichnung des Klägers aus dem Ausstellungskatalog in seine EDV eingescannt und danach mit Hilfe von Computerprogrammen weiterbearbeitet hat. Für diese Arbeit verwendete der Beklagte unter anderem Kontrastprogramme, um Kontraste, undeutliche Linien uä besser herauszuarbeiten und sie so besser erkennen und beurteilen zu können. Neben der Zeichnung des Klägers verwendete der Beklagte auch weitere Erkenntnisquellen, wie eine persönliche Besichtigung des Felsritzbildes am Adler-Felsen und zwei Fotos eines Dritten, dessen Arbeit über dieses Felsritzbild ebenfalls veröffentlicht worden ist. Nach der subjektiven Interpretation des Felsbilds durch den Beklagten laufen zwei Linien im oberen Bereich des Bildes zusammen, was in der Zeichnung des Klägers nicht der Fall ist; auch hat der Beklagte in der Peripherie Linien weggelassen, um das Motiv besser herauszuarbeiten, weil dies seiner Auffassung nach das wahre Bildmotiv des Felsritzbildes wiedergebe. Davon abgesehen unterscheiden sich die beiden Abbildungen der Streitteile nicht.

 

Der Kläger begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, es im Rahmen seiner Tätigkeit auf dem Fachgebiet der Felsbildforschung zu unterlassen, ein vom Kläger geschaffenes Werk der Literatur (hilfsweise: der bildenden Künste) oder Teile eines solchen Werkes (hilfsweise: eine vom Kläger geschaffene bildliche Darstellung wissenschaftlicher oder belehrender Art), insbesondere die vom Kläger geschaffene und in dem vom Kläger als Mitautor verfassten Buch “Zeichen auf dem Fels - Spuren alpiner Volkskultur. Felsritzbilder im unteren Saalachtal“, herausgegeben vom Museumsverein Festung Kniepaß (Ausstellungskatalog Unken 1991), auf Seite 211 dieses Buches veröffentlichte, dort als Skizze 142 bezeichnete bildliche Darstellung mit dem Titel “Chaos- und multistratale Formen, Spiralen (Labyrinthe)“, mit der ein in der Natur (Kallbrunnalm im Lofer-Gebiet) existierendes Felsritzbild dargestellt wird, oder Teile dieser bildlichen Darstellung, ohne Zustimmung des Klägers zu vervielfältigen und zu verbreiten, sofern die Vervielfältigung und Verbreitung nicht unter den Voraussetzungen des § 46 UrhG oder eines sonstigen gesetzlichen Ausnahmetatbestandes gerechtfertigt sein sollte und/oder daran zum Zweck der Vervielfältigung und Verbreitung Änderungen vorzunehmen, insbesondere durch Weglassen (Entfernen) einzelner Teile der vorstehend erwähnten Skizze 142 und Umkehrung der schwarz-weißen Farbgestaltung, und/oder im Fall der Vervielfältigung und Verbreitung, insbesondere auch im Rahmen einer freien Werknutzung nach § 46 UrhG, dieses vom Kläger stammende Werk oder Teile hievon (hilfsweise: diese vom Kläger stammende bildliche Darstellung wissenschaftlicher oder belehrender Art) mit keiner oder einer unrichtigen Quellenangabe (Titel und Urheberbezeichnung) zu versehen, insbesondere tatsachenwidrig sich selbst - den Beklagten - als Urheber (hilfsweise: Hersteller) des vom Kläger stammenden Werkes (hilfsweise: der vom Kläger stammenden bildlichen Darstellung) zu bezeichnen, indem in einem Abbildungsnachweis eines vom Beklagten verfassten Buches in tatsachenwidriger und irreführender Weise eine vom Kläger stammende, vom Beklagten unrechtmäßig geänderte und vervielfältigte Skizze wissenschaftlicher oder belehrender Art nicht angeführt und unrichtig behauptet wird, dass alle übrigen (nicht angeführten) Abbildungen vom Beklagten selbst stammten. Der Kläger begehrt weiters die Beseitigung des dem Gesetz widerstreitenden Zustandes dadurch, dass bei sämtlichen noch in der rechtlichen Verfügungsmacht des Beklagten stehenden Exemplaren des vom Beklagten verfassten und verlegten Buches “Zeichen der Vorzeit. Felsbilder der Alpen“ die auf Seite 73 gedruckte Skizze mit der Bezeichnung “Abbildung 76: Adler-Felsen: Labyrinth“ in geeigneter Weise zur Gänze aus dem Buchbestand entfernt werde. Darüber hinaus stellt der Kläger ein Begehren auf Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung.

Die Streitteile seien Urheber von Werken der Literatur und stünden zueinander im Wettbewerbsverhältnis, weil sie ihre wissenschaftliche, insbesondere auch ihre literarische Tätigkeit selbständig und auch zum Zweck der Erzielung von Einkünften entfalteten und die Ergebnisse ihrer Arbeit dem einschlägig interessierten Publikum anböten. Die vom Kläger in einwöchiger Arbeit geschaffene Skizze sei ein eigentümliches Erzeugnis iSd § 1 UrhG, wobei die schöpferische Geistestätigkeit des Klägers als Urheber im Einsatz seiner wissenschaftlichen Kenntnisse (Auswahl des Bildes, Zuordnung und literarische Erläuterung der Skizze), im Einsatz seiner technischen Fähigkeiten und in der (wissenschaftlich inspirierten) händischen Anfertigung (Zeichnung) der Skizze liege. Es handle sich bei der Skizze um ein Werk der Literatur iSd § 2 Z 3 UrhG, allenfalls um ein Werk der bildenden Kunst iSd § 3 UrhG. Jedenfalls sei die Skizze auch Teil eines literarischen Werks, nämlich des vom Kläger verfassten und illustrierten wissenschaftlichen Teils des Ausstellungskatalogs. Die vom Beklagten in dessen Buch auf Seite 73 veröffentlichte Skizze sei ein Plagiat, weil sie sehe man von einer geringfügigen Ausnahme ab, die der Beklagte absichtlich als “Fehler“ eingebaut habe - mit der Skizze 142 im Buch des Klägers vollkommen deckungsgleich sei. Der Beklagte bezeichne sich tatsachenwidrig und irreführend selbst als Urheber der Skizze. Der Kläger habe der Benutzung seines Werks sowie den genannten Kürzungen und Änderungen niemals zugestimmt, er habe auch keinen Verzicht auf eine Quellenangabe abgegeben. Die Vorgangsweise des Beklagten sei auch als Ausbeuten fremder Leistungen und vermeidbare Herkunftstäuschung iSd § 1 UWG zu beurteilen.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die Skizze des Klägers sei kein urheberrechtliches Werk. Der Beklagte habe die Skizze des Klägers wissenschaftlich zur Schaffung eines eigenen Werks verwendet, indem er bei dieser - entsprechend seiner wissenschaftlichen Erkenntnis - Teile weggelassen oder hinzugefügt und seine Skizze in Bezug zu seinen veröffentlichten wissenschaftlichen Beschreibungen gesetzt habe. Die Vorgangsweise des Beklagten sei weder eine Urheberrechtsverletzung noch eine wettbewerbswidrige Handlung. Der Beklagte habe ein selbständiges neues Werk iSd § 5 Abs 2 UrhG geschaffen. Selbst in jenem Bereich, wo eine geografisch bezogene wissenschaftliche Überschneidung mit dem Werk des Klägers gegeben sei, liege mit den wissenschaftlichen textlichen Ausführungen des Beklagten im Zusammenhang mit den dort ersichtlichen Abbildungen und Skizzen ein selbständiges neues Werk vor. An einer solchen Freischöpfung bestehe kein abhängiges, sondern ein selbständiges Urheberrecht, zu dessen Verwertung es keiner Einwilligung des Urhebers des benützten Werkes bedürfe. Der Beklagte habe die Skizze des Klägers dadurch wissenschaftlich verändert, dass er sie nach einem aufwendigen computertechnischen Verfahren grafisch völlig anders dargestellt habe. Die wissenschaftliche Tätigkeit des Beklagten erfolge neben seinem Hauptberuf als Lehrer ehrenamtlich, der Beklagte ziehe aus der Veröffentlichung seines Buches keinen Gewinn, er sei somit nicht Unternehmer iSd § 14 UWG. Zwischen den Streitteilen bestehe kein Wettbewerbsverhältnis. Selbst wenn ein Wettbewerbsverhältnis bestünde, wäre der Kläger nicht aktiv klagelegitimiert, weil er den Museumskatalog mit seiner Zeichnung nicht selbst herausgegeben oder verlegt habe. Auch der Kläger sei kein Unternehmer. Die Zeichnung des Beklagten sei mit der Skizze des Klägers weder ident noch verwechselbar ähnlich. Das Klagebegehren sei sittenwidrig, weil es den Beklagten unverhältnismäßig in seinem Grundrecht auf Freiheit der Wissenschaft einschränke.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Zeichnung des Klägers fehle das Kriterium der eigentümlichen geistigen Schöpfung. Der Kläger sei nicht Schöpfer des Felsritzbildes selbst, er sei dessen Abzeichner zum Zweck der Wiedergabe und dessen Miterforscher, möge auch der Vorgang des Kopierens oder Abzeichnens mühsam gewesen sein. Die Leistung des Klägers sei noch am ehesten als wissenschaftliche Erkenntnis zu beurteilen, die Allgemeingut werde, sofern sie vom Entdecker bekannt gemacht werde; an wissenschaftlichen Erkenntnissen bestehe aber kein gesetzliches Ausschlussrecht. Auch ein wettbewerbsrechtlicher Anspruch des Klägers komme nicht in Betracht, weil der Kläger nicht Herausgeber und Verleger des Ausstellungskatalogs und damit nicht Unternehmer sei. Der Beklagte habe aber auch das Arbeitsergebnis des Klägers nicht gänzlich und vor allem nicht unkritisch übernommen. Nicht sittenwidrig handle, wer sich im Rahmen seiner wissenschaftlichen Tätigkeit der keinen Sonderrechtsschutz genießenden Vorleistungen Dritter bediene und auf deren Arbeit aufbaue, weil eine wissenschaftliche Tätigkeit gerade die Befassung mit solchen Vorleistungen (Quellen) voraussetze. Im Hinblick auf die weit über 100 Zeichnungen im Buch des Beklagten und auf die relative Geringfügigkeit der Abbildung 76 im Buch des Beklagten in Bezug zum ganzen Buch könne auch von ins Gewicht fallenden Ersparnissen des Beklagten keine Rede sein.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil der Oberste Gerichtshof zu einem vergleichbaren Sachverhalt noch nicht Stellung bezogen habe. Voraussetzung für den urheberrechtlichen Schutz sei es, dass durch menschliches Schaffen etwas Neues, und sei es nur in einer Kombination bekannter Elemente, geschaffen werde. Eine Leistung, die nur auf allgemein menschlichen Fähigkeiten beruhe und sich daher vom Alltäglichen, Landläufigen, üblicherweise Hervorgebrachten nicht abhebe, sei nicht schutzfähig. Die Zeichnung des Klägers sei keine eigentümliche geistige Schöpfung iSd UrhG, weil der Kläger mit ihr nichts Neues geschaffen habe. Für das erforderliche schöpferische Element in der Eigentümlichkeit der Darstellung reiche es nicht aus, dass der Kläger Linien, die seiner Interpretation nach nicht zur Felsritzzeichnung dazugehörten, weggelassen habe. Bei der Zeichnung des Klägers handle es sich - mit der Einschränkung, dass nicht sämtliche erkennbaren Linien übernommen worden seien - um eine bloße Wiedergabe einer Felsritzzeichnung in der Natur; sie sei kein Werk wissenschaftlicher Art nach § 2 Z 3 UrhG, aber auch keines der bildenden Kunst nach § 3 UrhG. Zwar könnten naturalistische Zeichnungen auch Werkcharakter haben, es komme jedoch darauf an, dass das Schaffensergebnis objektiv als Kunst interpretierbar sei, welches mit Darstellungsmitteln der bildenden Künste durch formgebende Tätigkeit hervorgebracht worden und zum Anschauen bestimmt sei und individuelle Eigenart, also die auf der Persönlichkeit seines Schöpfers beruhende Individualität, aufweise. Diesen Anforderungen einer eigentümlichen geistigen Schöpfung genüge die Zeichnung des Klägers, als bloße Wiedergabe einer in früheren Jahrhunderten von einem unbekannten Künstler geschaffenen Felsritzzeichnung nicht; sie sei daher urheberrechtlich nicht geschützt. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen den Streitteilen bestehe nicht, weil der Kläger nicht erwerbstätig sei und bisher keine eigenen Publikationen verkauft habe. Dass der Kläger beabsichtige, ein Werk über Felsritzbilder selbst herauszugeben, um hieraus Einnahmen zu erzielen, reiche nicht aus, ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zu bejahen. Im Übrigen liege auch keine glatte Leistungsübernahme iSd § 1 UWG vor, weil der Beklagte zwar die Zeichnung des Klägers in seinen Computer eingescannt habe, er aber darüber hinaus auch zwei Fotos als Quellen verwendet und das übernommene Material mittels Kontrastprogrammen weiterbearbeitet habe.

Die Revision ist zulässig, weil Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehlt; das Rechtsmittel ist teilweise berechtigt. Nach Auffassung des Klägers hat das Berufungsgericht seine Zeichnung zu Unrecht nicht als eigentümliche geistige Schöpfung beurteilt; unberücksichtigt sei geblieben, dass eine Zeichnung, deren Anfertigung anhand eines selbst hergestellten Gipsabdrucks erfolgt sei, kunsthandwerkliche Fähigkeiten voraussetze, gegenüber dem in der Natur seit Jahrhunderten vorhandenen, teilweise verwitterten und nachträglich veränderten Felsritzbild etwas gänzlich Neues sei und sich in Form und Gestalt grundlegend von letzterem unterscheide. Auch sei eine wissenschaftliche Interpretation dahin erfolgt, welche Teile des in der Natur vorhandenen Felsritzbilds authentisch und welche nachträglich hinzugefügt worden seien. Von einem unkritischen, nicht schöpferischen bloßen “Abzeichnen“ könne keine Rede sein. Auch eine naturalistische Wiedergabe aus der subjektiven Sicht des Klägers schaffe eine gänzlich neue Wahrnehmungsmöglichkeit und Interpretation für den Betrachter, die er so bei Ansicht des Felsens in der Natur nicht vorfinde. Jedenfalls sei die Skizze des Klägers die (schutzfähige) Bearbeitung eines in der Natur vorhandenen Originalwerks, die zur Vermeidung eines Wertungswiderspruchs - ebenso wie ein einfaches Lichtbild desselben Felsbilds Schutz gegen unbefugte Vervielfältigung und Bearbeitung beanspruchen können müsse. Dazu ist zu erwägen:

Das Urheberrechtsgesetz kennt nur einen einheitlichen, von den einzelnen Werkgattungen unabhängigen Werkbegriff (SZ 65/71 = MR 1992, 199 -Bundesheer-Formular; MR 1992, 201 - Kalian-Lindwurm). Maßgeblich für die Zuerkennung urheberrechtlichen Schutzes ist danach, dass es sich um eine eigentümliche geistige Schöpfung handeln muss (Ciresa, Österreichisches Urheberrecht, § 1 Rz 15 ff mit zahlreichen Nachweisen zur Rsp). Nur eine individuell eigenartige Leistung, die sich vom Alltäglichen, Landläufigen, üblicherweise Hervorgebrachten abhebt, ist geschützt. Beim Werkschaffenden müssen persönliche Züge - insbesondere durch die visuelle Gestaltung und durch die gedankliche Bearbeitung - zur Geltung kommen (MR 2001, 234 - Telering.at mwN).

Ob eine eigentümliche geistige Schöpfung vorliegt, hängt von der Individualität der Leistung und nicht allein von ihrer statistischen Einmaligkeit ab (SZ 58/201 = ÖBI 1986, 27 - Tagebücher; SZ 58/201 = ÖB1 1990, 88 -Gästeurkunde). Im Zusammenhang mit kartografischen Werken hat der erkennende Senat wiederholt betont, dass die bloße Wiedergabe geografischer Tatsachen ebensowenig schutzfähig ist wie rein schablonenmäßige Darstellungsform en oder übliche D arstellungste chniken (MR 2000, 103 <Walter> - Liniennetzplan mwN). Nie schutzfähig ist die Methode des Schaffens (MR 1999, 347 -Ranking). Wissenschaftliche Sprachwerke müssen eine sich durch individuelle Darstellung auszeichnende sprachliche Schöpfung auf wissenschaftlichem Gebiet sein, deren äußere Form und/oder inhaltliche Gestaltung sich von vergleichbaren Werken deutlich abhebt (ÖBI 1997, 34 - Mutan-Beipackzettel; MR 1999, 347 - Ranking).

Zur Schutzvoraussetzung der urheberrechtlichen Individualität kann wegen der vergleichbaren Rechtslage auch auf die deutsche Lehre und Rechtsprechung zurückgegriffen werden.

Nach v. Gamm (Urheberrechtsgesetz § 2 Rz 13) erfordere der Werkbegriff eine persönliche Schöpfung; diese setze einen eigenen geistigen Gehalt, die Verwirklichung eigener Vorstellungen voraus. Die bloße Nachbildung fremder Vorbilder wiederhole deren (schöpferische) Gestaltung und sei daher kein Ausdruck eigenpersönlicher Schöpfungskraft, möge zur Anfertigung der Nachbildung auch eine gewisse (handwerkliche) Fertigkeit erforderlich sein. Dabei sei es für die Frage der Formgestaltung aus eigener Vorstellungskraft grundsätzlich bedeutungslos, ob das nachgebildete Vorbild seinerseits eine schutzfähige Gestaltung aufweise, ein gemeinfreies Werk oder überhaupt nur eine Naturerscheinung sei. Diese Frage gewinne erst Bedeutung, wenn der Urheber das Vorbild nicht einfach nachgebildet, sondern sich unter Zugrundelegung einer eigenen schöpferischen Leistung und Gestaltung vom Vorbild so weit gelöst und freigemacht habe, dass dieses nur noch als bloße Anregung erkennbar bleibe. Einer objektiv vorbekannten Gestaltung könne keine Eigentümlichkeit und Eigenprägung zugebilligt werden.

Nordemann/Vinck (in Nordemann, Urheberrecht9 § 2 Rz 8) leiten aus dem Begriff Schöpfung ab, dass etwas Neues entstehen müsse. Wer lediglich das wiederhole, was ein anderer vor ihm genauso gesagt, geschrieben oder gemalt habe, bewirke keine Schöpfung, sondern nur eine Wiedergabe (idS auch BGH BGHZ 44, 288 ff, 292 - Apfel-Madonna). Für die erforderliche Individualität eines urheberrechtlichen Werks genüge es festzustellen, dass ein anderer denselben Gegenstand möglicherweise anders behandelt hätte, dass also die vorliegende eigenständige Bearbeitung einem bestimmten Urheber persönlich zugerechnet werden könne (aaO Rz 20).

Ahlberg (in Möhring/Nicolini Urheberrechtsgesetz § 2 Rz 74) umschreibt den Begriff der urheberrechtsfähigen persönlichen geistigen Schöpfung damit, dass die nach Inhalt und/oder Form neue Schöpfung die Handschrift des Urhebers tragen müsse. Dies sei dann der Fall, wenn - gemessen an vorbestehenden Gestaltungen - die konkrete Gestaltung die durchschnittliche Gestaltertätigkeit überrage. Auf die Höhe des Grads der Eigentümlichkeit einer Schöpfung komme es hingegen nicht an (aaO Rz 76). Ein geistiges Produkt sei dann eigentümlich, wenn es sich nicht in der bloßen Wiedergabe des Inhalts erschöpfe, sondern dieser in eigenständiger Weise und in eigener Sprache geordnet, dem jeweiligen Zweck entsprechend, wiedergegeben werde. Sei ein Geistesprodukt hingegen von der Sache vorgegeben, mangle es an der urheberrechtlich erforderlichen Eigentümlichkeit (aaO Rz 82). Die Bestimmung der Eigentümlichkeit in Werken wissenschaftlichen Inhalts erfordere eine sorgfältige Trennung von wissenschaftlichem Ergebnis und Lehre einerseits und Darstellung und Gestaltung der Lehre im (Schrift-)Werk andererseits; maßgeblich sei, ob sich in der Auswahl, Anordnung, Einteilung und Darstellung des behandelten Stoffs eine Eigentümlichkeit erkennen lasse. Einer im fraglichen wissenschaftlichen Fachbereich üblichen Ausdrucksweise fehle ebenso regelmäßig die Eigentümlichkeit wie einer Darstellungsart, die aus wissenschaftlichen Gründen geboten oder in Fragen des behandelten Gebiets weitgehend üblich sei und deren Anwendung deshalb nicht als eine eigentümliche geistige Leistung angesehen werden könne (aaO Rz 90). Gemälde und Grafiken, in denen Figuren naturgemäß wiedergegeben würden, enthielten nichts Eigentümliches, sondern verblieben im Handwerklichen (aaO Rz 119).

Loewenheim (in Schricker, Urheberrecht2 § 2 Rz 17) weist darauf hin, dass das Urheberrecht die schöpferische Leistung schütze, die im Werk ihren Ausdruck finde, und dass nur bei Vorliegen einer solchen Leistung, nicht aber schon bei Präsentation eines statistisch einmaligen Gegenstands Urheberrechtsschutz gewährt werden könne. Ein Werk müsse vom individuellen Geist des Urhebers geprägt sein, also Individualität besitzen (aaO Rz 23). Das Vorhandensein von Individualität setze voraus, dass beim Werkschaffenden Spielraum für die Entfaltung persönlicher Züge bestehe. Was bereits Gemeingut sei, könne nicht mehr den Stempel der Individualität tragen. Auch dort, wo sich etwa Gestaltung oder Darstellung bereits aus der Natur der Sache ergäben oder durch - auch technische -Notwendigkeiten vorgegeben seien, sei individuelles Schaffen nicht möglich. Soweit kein Raum für individuelles Schaffen bestehe, sei eine Benutzung durch Dritte auch keine Urheberrechtsverletzung (Rz 29). Bei Darstellungen wissenschaftlicher Art reiche es zur Gewährung urheberrechtlichen Schutzes aus, dass eine individuelle, sich vom alltäglichen Schaffen abhebende Geistestätigkeit in der Darstellung zum Ausdruck komme, auch wenn das Maß an individueller Prägung gering sei (aaO Rz 36).

Diese literarischen Stellungnahmen stimmen im Kern ihrer Aussage darin überein, dass auch die eigenständige geistige Bearbeitung eines vorgefundenen Objekts oder einer Naturerscheinung ein Werk im Sinne des Urheberrechts sein kann, sofern in ihr nur die individuelle Handschrift des Urhebers zum Ausdruck kommt. Dem ist zu folgen. Danach muss der Zeichnung des Klägers jedoch - entgegen der Auffassung des Beklagten und der Vorinstanzen -urheberrechtlicher Werkcharakter zugebilligt werden.

Der Kläger hat ein in der Natur vorgefundenes Felsritzbild mittels schwarzer Linien auf weißem Hintergrund zweidimensional zeichnerisch dargestellt. Er hat sich dabei einer Darstellungstechnik bedient, die zwar durch die Natur der selbst gestellten Aufgabe, eine möglichst naturgetreue Abbildung zu erreichen, weitgehend vorgegeben war, aber dennoch ausreichend Spielraum für eine individuelle Gestaltung zuließ. Es bedurfte nämlich bei jeder einzelnen Linie einer - auf wissenschaftlicher Interpretation des Vorgefundenen beruhenden - geistigen Entscheidung dahin, ob es sich dabei in der Natur um eine (authentische) künstlich geschaffene Felsritzung aus der Entstehungszeit des Felsbilds, um eine nachträgliche willkürliche Ergänzung oder gar um eine natürliche Verwitterungserscheinung des Felsens handelt. Als Ergebnis dieser geistigen Leistung entstand eine besondere Darstellung des als Vorlage dienenden Felsritzbilds, der der Kläger den Stempel der Individualität aufgedrückt hat und die auf Grund ihrer individuellen “Handschrift“ in der Auswahl der vorgefundenen Linien geeignet ist, sich von Zeichnungen anderer Forscher desselben Felsritzbilds zu unterscheiden. Der Zeichnung des Klägers kann damit Eigentümlichkeit nicht abgesprochen werden; sie ist deshalb ein urheberrechlich geschütztes Werk.

Zum selben Ergebnis gelangt man auch bei einem Vergleich mit dem Lichtbildschutz. Zur Werkqualität von Lichtbildern vertritt der erkennende Senats nach Wirksamwerden der Richtlinie 93/98/EWG zur Harmonisierung der Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte (Schutzdauer-RL) die Auffassung, eine Fotografie sei dann als Lichtbildwerk iSd § 3 Abs 2 UrhG zu beurteilen, wenn sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers ist, ohne dass es eines besonderen Maßes an Originalität bedürfte. Entscheidend ist, dass eine individuelle Zuordnung zwischen Lichtbild und Fotograf insofern möglich ist, als dessen Persönlichkeit auf Grund der von ihm gewählten Gestaltungsmittel (Motiv, Blickwinkel, Beleuchtung uvm) zum Ausdruck kommt. Eine solche Gestaltungsfreiheit besteht jedenfalls nicht nur für professionelle Fotografen bei Arbeiten mit dem Anspruch auf hohes künstlerisches Niveau, sondern auch für die Masse der Amateurfotografen, die alltägliche Szenen in Form von Landschafts-, Personen- oder Urlaubsfotos festhalten; auch solche Lichtbilder sind -entgegen der Ansicht von Loewenheim - als Lichtbildwerke zu beurteilen, sofern nur die eingesetzten Gestaltungsmittel eine Unterscheidbarkeit bewirken. Dieses Kriterium der Unterscheidbarkejt ist immer schon dann erfüllt, wenn man sagen kann, ein anderer Fotograf hätte das Lichtbild möglicherweise anders gestaltet (MR 2001, 389 - Eurobike).

Auch nach diesen Grundsätzen ist der Zeichnung des Klägers deshalb Urheberrechtsschutz zu gewähren, weil unterstellt werden muss, dass andere Forscher auf Grund eines anderen wissenschaftlichen Blickwinkels im Fall einer Zeichnung desselben Felsbilds zu einer von der Zeichnung des Klägers teilweise abweichenden Linienführung und damit einem unterschiedlichen Ergebnis als der Kläger gelangt wären.

Der Beklagte hat ein urheberrechtlich geschütztes Werk des Klägers ohne dessen Zustimmung bearbeitet (Farbumkehr, Änderung in der Linienführung), auf einen Ausschnitt verkleinert und in dieser bearbeiteten Form ohne Urheberbezeichnung veröffentlicht. Er hat damit gegen §§ 14 Abs 2, 20 Abs 1, 21 Abs 1 UrhG verstoßen. Eine selbständige Neuschöpfung des Beklagten iSd § 5 Abs 2 UrhG liegt, vergleicht man die beiden Werke in ihrer Gesamtheit (ÖB1 1997, 199 - A1DS-Kampagne mwN), nicht vor, unterscheidet sich doch seine Grafik in der Linienführung nur in einem einzigen, mit freiem Auge kaum sichtbaren Detail von der Zeichnung des Klägers. Die Verwertung einer Bearbeitung ist aber notwendig zugleich eine Verwertung des bearbeiteten Werks und darf nur mit Einwilligung des Urhebers des bearbeiteten Werks vorgenommen werden (SZ 65/49 = ÖB1 1992, 75 - Robert-Stolz-Biografie). Eine sittenwidrige Einschränkung des Grundrechts des Beklagten auf Freiheit der Wissenschaft ist nicht zu erkennen, ist es doch dem Beklagten auch möglich, seine eigenen wissenschaftlichen Forschungen unter Wahrung der Urheberrechte Dritter (etwa im Rahmen zulässiger freier Werknutzung) zu betreiben und deren Ergebnisse zu veröffentlichen.

Dem Kläger steht deshalb ein verschuldensunabhängiger Anspruch auf Unterlassung (§ 81 Abs 1 UrhG) und auf Beseitigung (§ 82 Abs 1 UrhG) zu, darüber kann er hinaus Rechnungslegung gern § 87a Abs 1 UrhG begehren, deren Inhalt und Umfang sich nach Art und Gegenstand im Einzelfall richten (MR 2000, 381 - Kopien im Konservatorium). Ausgehend vom einheitlichen, von den einzelnen Werkgattungen unabhängigen Werkbegriff des UrhG bedurfte es im Unterlassungsgebot keiner Benennung einer bestimmten Werkgattung.

Erweisen sich demnach der Unterlassungs-, Beseitigungs- und Rechnungslegungsanspruch schon aus urheberrechtlichen Gesichtspunkten als berechtigt, muss auf die Frage, ob der Beklagte durch glatte Übernahme eines aufwändig gewonnenen fremden Arbeitsergebnisses auch wettbewerbswidrig gehandelt hat und ob die Streitteile in einem Wettbewerbsverhältnis zueinander stehen, nicht weiter eingegangen werden.

Mit Recht hat sich der Beklagte aber gegen die begehrte Urteilsveröffentlichung gewendet. Die Urteilsveröffentlichung soll das Publikum aufklären und einer Weiterverbreitung unrichtiger Ansichten entgegenwirken. Die Berechtigung des Begehrens auf Urteilsveröffentlichung hängt somit davon ab, ob an der Aufklärung des Publikums im begehrten Ausmaß ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin besteht; das hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu prüfen. Bei der dabei vorzunehmenden Interessenabwägung sind den Interessen dessen, dem das Recht auf Urteilsveröffentlichung zugesprochen wird, und dem Interesse der beteiligten Verkehrskreise an der Aufklärung ausgewogen Rechnung zu tragen (ÖBI 1999, 229 -Erinasolum mwN). Mag nun auch ein Fachpublikum an wissenschaftlichen Vorgängen auf dem Gebiet der Felsbildzeichnungen interessiert sein, so steht die begehrte Aufklärung dieses Publikums in (zwei) österreichweit erscheinenden Tageszeitungen in keinem angemessenen Verhältnis zu der in einem Fachbuch mit einer Auflage von 800 Stück begangenen Urheberrechtsverletzung. Hat nun aber der Kläger Veröffentlichung in einem bestimmten Medium begehrt, so engt er damit den Ermessensrahmen des Gerichts ein; dieses darf dann nur ein vom Antrag umfasstes Medium (hier etwa: einer Fachzeitschrift) bestimmen (ÖB1 1993, 96 -Compass). Weil die beantragte Veröffentlichung nach Art und Umfang dem Gesetzesverstoß nicht angemessen ist, kommt eine Urteilsveröffentlichung im Streitfall nicht in Betracht.

Der Revision ist teilweise Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung ist in § 43 ZPO iVm § 50 Abs 1 ZPO begründet. Die Abweisung des Veröffentlichungsbegehrens (bewertet mit 10% des Streitgegenstands) bewirkt eine Obsiegensquote des Klägers von 80 % bei den Anwaltskosten und 90 % bei der Pauschalgebühr.

 

Oberster Gerichtshof, Wien, am 17. Dezember 2002. Dr.Kodek

Für die Richtigkeit der Ausfertigung der Leiter der Geschäftsabteilung

 

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