ANISA, Verein für alpine Forschung (www.anisa.at)

 

Forschungsberichte der ANISA für das Internet. 13, 2014 (ANISA FB I. 13, 2014)

 

 

Datierungsversuche von Steinstrukturen im Dachsteingebirge mit Hilfe der Denudation. Ein AMS-datiertes spätantikes Fundament, ein undatierter Neufund und eine spätmittelalterliche Wüstung. (KK und HA)

Land Steiermark

 

13. Internetbeitrag zum Thema Denudation und Datierung

Franz Mandl (08.09.2014)

 

 

 

Die hier veröffentlichten Internetbeiträge zu den Datierungsversuchen mithilfe der Denudation sollen Feldarbeiten dokumentieren. Dabei sollen auch Regeln für einen verlässlichen Umgang mit dieser Methode erarbeitet werden, wobei verschiedenen Parametern Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Dazu zählen: Analyse des Geländes, Erkennen des Gesteins, Merkmale der Steine, Strukturformen, Messmethoden und vieles mehr. Daraus soll eine Gesamteinschätzung der Umstände gewonnen werden, sodass diese in Hinblick auf das zu erwartende Ergebnis qualifiziert werden können (z.B. sehr gute-, gute-, brauchbare-, mäßige-, unbrauchbare Voraussetzungen). Ebenfalls sollte überlegt werden, ob mehrere Messungen einer Kantenseitenlänge eines Steines gemessen werden sollten, um daraus einen gemittelten Messwert zu errechnen. Auch eine weitere Dimension sollte berücksichtigt werden, nämlich die Zufälligkeit des Zerfalls von anthropogenen Baulichkeiten und die daraus resultierende Lageveränderung der Steine. Ungefähr 200 Objekte sollen für dieses Mess- und Dokumentationsprojekt untersucht werden, was mehrere Jahre Arbeit in Anspruch nehmen dürfte. Dies Messungen werden hier im Internet im Laufe der Zeit vorgestellt. Abschließend soll ein Gesamtergebnis in einer eigenen Publikation veröffentlicht werden. Ortsnamen und Koordinaten werden aus Gründen des Denkmalschutzes nicht angegeben.

 

Die Genauigkeitsskala wird von der Anzahl der Messbaren Bausteine und vom Erhaltungszustand der Struktur abgeleitet. Der Wert wird vorläufig in % angegeben. Sie ist bei einer

Abweichung von        10 %                         sehr gut                     mindestens 10 korrelierende und messbare Bausteine

                                   20 - 30 %                  gut                               mindestens   5 korrelierende und messbare Bausteine

                                   30 - 60 %                  brauchbar                 mindestens   3 korrelierende und messbare Bausteine

                                   60 - 80 %                  genügend                   mindestens   2 korrelierende und messbare Bausteine

                                   80 – 100 %               grober Richtwert       mindestens   1 messbarer Baustein

                                   110 % und mehr       nicht brauchbar     →    keine messbaren Bausteine

 

Anmerkung: Liegt eine gleichmäßige Denudation von nicht messbaren Bausteinen vor (z.B. zu nahe an der Grasnarbe), und stehen diese in eindeutiger Korrelation, so kann dieser Befund als Beleg für eine anthropogen angefertigte Steinstruktur herangezogen werden.

 

  

Höhenabhängige Denudatioswerte:

2200 m bis 2000 m → 1,10 mm/100 Jahre

2000 m bis 1700 m → 1,05 mm/100 Jahre

1700 m bis 1500 m → 1,00 mm/100 Jahre

1500 m bis 1300 m → 0,95 mm/100 Jahre

1300 m bis 1100 m → 0,90 mm/100 Jahre

1100 m bis   700 m → 0,85 mm/100 Jahre

  700 m bis   400 m → 0,80 mm/100 Jahre

 

 

 

Eine AMS-datierte spätantike Fundamentstruktur (Dachstein) (KK-1)

 

Bis auf einen Baustein ragen die Steine kaum noch über die Grasnarbe hervor. Sie sind biogen zu stark beeinflusst und als Messsteine nicht geeignet.  Lediglich ein Baustein weist messbare Kanten auf. Die Messungen der Kantenrundungen an der Nordwest- bis Nordseite betragen 16 mm. Der Durchschnittswert des messbaren Bausteins beträgt ≈16 mm. Die Messvoraussetzung ist als gut brauchbar einzustufen. Eine Datierung ist möglich.

 

 

Objekt: Fundamentsteine eines Blockbaus

Baumbestand: Natürlich wald- und baumfrei durch Kleinklima in Karstgrube

Erhaltung (ungestört, gestört, starke Verfallsmerkmale ): gestörte Verfallsmerkmale

Lage (Grube, Rücken, Kuppe, Ebene, Pass, Höhe, ): geschützte Almweide, Südhang, eigebetete Karstgrube in Waldlandschaft, 1350 m

Funde: Holzkohle

Datierungsmöglichkeiten, vorliegende Datierungsergebnisse: AMS-Datierung AD 25 (= cal. gemitteltes Alter) 1 sigma cal. results (68% probability): cal BC 60 to cal AD 110; Beta-Analytic

Literatur: ANISA-Publikationen

Biogene Situation: Grasboden mit Steinen aus Dachsteinkalk

Struktur, Form, Größe: Strukturen rechteckig (bis 2,5 x 5 m)

GPS-Messpunkte: ja (wurde eingemessen)

Skizze, Plan, Fotos: einfache Vermessung (Kompass und GPS) mit Skizze und Fotos

Gestein: Dachsteinkalk

Steine, Anzahl: ≈30, ein Baustein als Messstein verwendet

Bausteine-Dokumentationen (Foto, Skizze, Plan): Fotos

Messtauglichkeit, Abweichungen: (sehr gut= 1, gut= 2, brauchbar= 3, genügend= 4, grober Richtwert= 5, nicht brauchbar = 6) = ≈80%

Kantenrundungen der Bausteine (Messdaten aus: Lage, Oberflächenstruktur, biogener Einfluss, Wetterseiten, Höhe des Steines, Winkel der Kante): Baustein mit 2 Messstellen: 16, 16 mm

Messergebnisse-Durchschnittswert: 16 mm

Höhenabhängiger Denudationswert für 100 Jahre: 0,95 mm

Denudationsalter: 1684 Jahre

Messdifferenz= Wert zwischen niedrigstem und höchsten Denudationswert: 0 mm= ±0 Jahre

Genauigkeitswert des Erhaltungszustandes beträgt: ≈80% von 1684= 1347 : 2= ±674 Jahre

Denudationsalter: AD 330 ± 0 / ±674 Jahre [2014=0]

Denudationsalter: BP 1684 Jahre ± 0 / ±674 Jahre

Datenablage: Arbeitsbuch 2014, Festplatte

AD: Anno Domini (n.Chr.); BC: vor Christus; BP: vor heute; ≈: ist ungefähr gleich; Ø: Genauigkeit unbrauchbar; sehr genau bis 10 %, gut: bis 30 %, brauchbar: bis 60 %, mäßig: bis 100 %, unbrauchbar: mehr als 100 %

 

 

 

Denudationsmessungen an einer spätantiken Fundamentstruktur. Dachsteingebirge. Foto Franz Mandl 2014. ANISA, Verein für alpine Forschung.

Abb. 1: Fundamentsteine. Am rechten Rand befindet sich eine kleine Doline.

 

Denudationsmessungen an einer spätantiken Fundamentstruktur. Dachsteingebirge. Foto Franz Mandl 2014. ANISA, Verein für alpine Forschung.

Abb. 2: Baustein. Die Messungen wurden an den Nordwest- bis Nordkanten durchgeführt. Die Messscheibe hat einen Durchmesser von 10 cm.

 

 

 

Eine neuentdeckte undatierte Fundamentstruktur (Dachstein) (KK-2)

 

An 3 Bausteinen konnten 6 Messungen durchgeführt werden. Die Messungen der Kantenrundungen an der Nordwest- bis Nordseite betragen 12, 13, 15, 16 und 2 x 17 mm. Der Durchschnittswert des messbaren Bausteins beträgt ≈15 mm. Die Messvoraussetzung ist als brauchbar einzustufen. Eine Datierung ist möglich.

 

 

Objekt: Fundamentsteine eines Blockbaus

Baumbestand: Natürlich wald- und baumfrei durch Kleinklima in Karstgrube

Erhaltung (ungestört, gestört, starke Verfallsmerkmale ): gestörte Verfallsmerkmale

Lage (Grube, Rücken, Kuppe, Ebene, Pass, Höhe, ): geschützte Almweide, Südhang, eigebetete Karstgrube in Waldlandschaft, 1340 m

Funde: -

Datierungsmöglichkeiten, vorliegende Datierungsergebnisse: -

Literatur: -

Biogene Situation: Grasboden mit Steinen aus Dachsteinkalk

Struktur, Form, Größe: Strukturen rechteckig (bis 4 x 6 m)

GPS-Messpunkte: ja (wurde eingemessen)

Skizze, Plan, Fotos: einfache Vermessung (Kompass und GPS) mit Skizze und Fotos

Gestein: Dachsteinkalk

Steine, Anzahl: ≈15; 3 Bausteine als Messsteine verwendet

Bausteine-Dokumentationen (Foto, Skizze, Plan): Fotos

Messtauglichkeit, Abweichungen: (sehr gut= 1, gut= 2, brauchbar= 3, genügend= 4, grober Richtwert= 5, nicht brauchbar = 6) = ≈60% 

Kantenrundungen der Bausteine (Messdaten aus: Lage, Oberflächenstruktur, biogener Einfluss, Wetterseiten, Höhe des Steines, Winkel der Kante): 3 Bausteine mit 6 Messstellen: 12, 13, 15, 16, 17, 17 mm

Messergebnisse-Durchschnittswert: 15 mm

Höhenabhängiger Denudationswert für 100 Jahre: 0,95 mm

Denudationsalter: 1579 Jahre

Genauigkeitswert des Erhaltungszustandes beträgt: ≈60% von 1579= 947 : 2= ±474 Jahre

Messdifferenz= Wert zwischen niedrigstem und höchsten Denudationswert: 5mm : 0,95= 526 Jahre: 2= ±263 Jahre

Denudationsalter: AD 435 ±263 [2014=0]

Denudationsalter, gerundeter Wert: ≈BP 1579 ±263

Datenablage: Arbeitsbuch 2014, Festplatte

AD: Anno Domini (n.Chr.); BC: vor Christus; BP: vor heute; ≈: ist ungefähr gleich; Ø: Genauigkeit unbrauchbar; sehr genau bis 10 %, gut: bis 30 %, brauchbar: bis 60 %, mäßig: bis 100 %, unbrauchbar: mehr als 100 %

 

 

Denudationsmessungen an einer spätantiken Fundamentstruktur. Dachsteingebirge. Foto Franz Mandl 2014. ANISA, Verein für alpine Forschung.

Abb. 3: Lage der Fundamentsteine eines Blockbaues

 

Denudationsmessungen an einer spätantiken Fundamentstruktur. Dachsteingebirge. Foto Franz Mandl 2014. ANISA, Verein für alpine Forschung.

Abb. 4: Baustein. Die Messungen wurden im Nordwest und Nordbereich durchgeführt.

 

Denudationsmessungen an einer spätantiken Fundamentstruktur. Dachsteingebirge. Foto Franz Mandl 2014. ANISA, Verein für alpine Forschung.

Abb. 5: Baustein. Die Messungen wurden an den Nordwest- bis Nordkanten durchgeführt.

 

 

 

Undatierte Fundamentstrukturen von Blockbauten (Dachstein) (HA)

 

An 5 Bausteinen konnten 5 Messungen durchgeführt werden. Die Messungen der Kantenrundungen an der Nordwest- bis Nordseite betragen 6, 7 und 3 x 8 mm. Der Durchschnittswert des messbaren Bausteins beträgt ≈7,4 mm. Die Messvoraussetzung ist als brauchbar einzustufen. Eine Datierung ist möglich.

 

 

Objekt: Fundamentsteine mehrerer Blockbauten

Baumbestand: Rodungsareal

Erhaltung (ungestört, gestört, starke Verfallsmerkmale ): stark gestörte Verfallsmerkmale

Lage (Grube, Rücken, Kuppe, Ebene, Pass, Höhe, ): Almweide, 1420 m

Funde: Keramikscherben in der weiteren Umgebung

Datierungsmöglichkeiten, vorliegende Datierungsergebnisse: Keramikfunde bis in das 15. Jahrhundert zurück

Literatur: Publikationen der ANISA

Biogene Situation: Grasboden mit Steinen aus Dachsteinkalk

Struktur, Form, Größe: mehrere Strukturen rechteckig (bis 4 x 8 m)

GPS-Messpunkte: ja (wurde eingemessen)

Skizze, Plan, Fotos: einfache Vermessung (Kompass und GPS) mit Skizze und Fotos

Gestein: Dachsteinkalk

Steine, Anzahl: ≈ mehrere hundert; 5 Bausteine als Messsteine verwendet

Bausteine-Dokumentationen (Foto, Skizze, Plan): Fotos

Messtauglichkeit, Abweichungen: (sehr gut= 1, gut= 2, brauchbar= 3, genügend= 4, grober Richtwert= 5, nicht brauchbar = 6) = ≈60% 

Kantenrundungen der Bausteine (Messdaten aus: Lage, Oberflächenstruktur, biogener Einfluss, Wetterseiten, Höhe des Steines, Winkel der Kante): 5 Bausteine mit jeweils einer Messstelle: 6, 7 und 3 x 8 mm

Messergebnisse-Durchschnittswert: 7,4 mm

Höhenabhängiger Denudationswert für 100 Jahre: 0,95 mm

Denudationsalter: 779 Jahre

Genauigkeitswert des Erhaltungszustandes beträgt: ≈60% von 779= 467 : 2= ±234 Jahre

Messdifferenz= Wert zwischen niedrigstem und höchsten Denudationswert: 2 mm : 0,95= 211 Jahre: 2= ±105 Jahre

Denudationsalter: AD 1235 ±105 [2014=0]

Denudationsalter, gerundeter Wert: ≈BP 779 Jahre ±105

Datenablage: Arbeitsbuch 2014, Festplatte

AD: Anno Domini (n.Chr.); BC: vor Christus; BP: vor heute; ≈: ist ungefähr gleich; Ø: Genauigkeit unbrauchbar; sehr genau bis 10 %, gut: bis 30 %, brauchbar: bis 60 %, mäßig: bis 100 %, unbrauchbar: mehr als 100 %

 

 

Denudationsmessungen spätmittelalterlicher Fundamentstrukturen. Dachsteingebirge. Foto Franz Mandl 2014. ANISA, Verein für alpine Forschung.

Abb. 6: Almwüstung. Bausteine wurden für eine bessere Weide teils zu Steinhäufen geschlichtet.  

 

Denudationsmessungen spätmittelalterlicher Fundamentstrukturen. Dachsteingebirge. Foto Franz Mandl 2014. ANISA, Verein für alpine Forschung.

Abb. 7: Bausteine eines Fundamentecks. Die Messungen wurden an den Nordwest- bis Nordkanten durchgeführt.  

 

 

 

Zusammenfassung

Nach dem ersten Zwischenergebnis (http://www.anisa.at/Denudationsdatierung_Zwischenbericht_1_12_2014.html) wurden die dort angeführten Erneuerungen in die obigen Denudationsdatierungen berücksichtigt. Ob KK-2 auch wirklich ein Rest eines Fundamentes ist oder eine Laune der Natur, kann nur eine Sondierung klarstellen. Lage, Arte der Steinlegung und schließlich das auffällige spätantike Alter sprechen jedoch dafür.

 

 

 

Fotos: Franz Mandl. ANISA, Verein für alpine Forschung

 

 

 

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