Gletscherzustandsbericht 2006

Dachstein Glacier Report, Austria

Schladminger Gletscher -  Hunerkogel, Hallstätter Gletscher, September/Oktober 2006

Schladming Glacier— Hunerkogel, Hallstatt Glacier September, October 2006

von Franz Mandl

     

Die Wärme im September und im Oktober 2006 setzte den Gletschern auf dem Dachsteingebirge stark zu. Kleine Gletscherbäche plätscherten bis zum 4. Oktober auf dem auftauenden Eis und bildeten tiefe Rinnen und kleine Seen. Die Folge davon war wiederum ein starker Längen- und Massenverlust. Vor allem im Bereich des Hunerkogels mit seinem Sommerschigebiet kamen durch großflächige Ausaperungen die grauschwarze Schmutzrinde und der Müll der letzten 38 Jahre an den Tag. Die Verschmutzung wird im Nahbereich des Schladminger und Hallstätter Gletschers  geringer. Der Gosaugletscher ist deutlich weniger verschmutzt. Die durch den Schibetrieb entstandenen Umweltschäden haben bestürzende Dimensionen erreicht. Wir stehen vor geschundenen und zerstörten Gletschern. Der Dachstein gerät zunehmend in Gefahr, zu einem Symbol für die hochalpine Umweltzerstörung in den Alpen zu werden! Der triste Zustand der Dachsteingletscherregion ist auch eine Folge der allzu wirtschaftsfreundlichen Umweltpolitik der Landesregierung Oberösterreichs. Diese erlaubt durch Sonderbewilligungen und Sondergenehmigungen Natur- und Umweltzerstörung. Hier wird der Naturschutz ad absurdum geführt! Die Umweltschäden werden ignoriert, anstatt saniert! Dazu kommt die rechtliche Situation, die Naturschutz und Umweltschutz als unterschiedliche Kompetenzen vorsieht und somit von vornherein eine wirksame Umweltpolitik mit einer einheitlichen Linie verhindert. Der Landesrat für Umwelt Rudi Anschober (Grüne) schreibt uns, dass Naturschutzangelegenheiten in den Ressortbereich von Landeshauptmann-Stv. DI Erich Haider (SPÖ) fielen, während er für den Klimaschutz zuständig sei. Dann ist aber auch LR Anschober gefordert, denn CO-2 ausstoßende Pistenpflegefahrzeuge, Ski-Doos und ein Bagger verschmutzen Gletscher und stören den lokalen und globalen Klimahaushalt!

A warm September and October 2006 greatly affected conditions on the glaciers of the Dachstein Mountains. As late as Oct.4 small rivulets ran across the thawing ice, forming deep channels and small puddies. The consequence was a considerable decrease in length and mass of the glacier. Especially in the Hunerkogel area with its summerski facilities the widespread thaw caused blackish dirt and garbage dumped there in the last 38 years to come to the surface. The areas closer to the Schladming and Hallstatt glaciers seem less polluted. Environmental pollution due to ski activities have reached drastic proportions, resulting in damaged and destroyed glaciers. The Dachstein is close to becoming a symbol for the environmental destruction of the Alps. For this sad state of the area local administrators of the provincial government of Upper Austria must be held accountable as well. The regulations permit environmental destruction by granting special licences, thereby making environmental protection an absurdity. The damage done is simply ignored, not repaired. We couldn‘t even find out, which governmental department is responsible for the Dachstein glaciers. The issue is being discussed by the two politicians, but that doesn‘t help the glacier area at all. This certainly is an environmental scandal and a legal issue.

 

Schmutzrinden auf den Gletschern entstehen durch Ferneintragung und Eigenproduktion. Der Massentourismus ist an der Verschmutzung wesentlich beteiligt! Hunerkogel mit Schladminger Gletscher, 1. 10. 2006

Contaminated areas on glaciers are due to wind transportation and local causes. Mass tourism is accountable for a considerable proportion of environmental damage. Hunerkogel and Schladming glacier, 1/10/06

 

Die Schmutzrinde ist im Bereich der Lifte und der Bergstation am stärksten ausgebildet. Hunerkogel mit Schladminger Gletscher, 1. 10. 2006

The grime is strongest in the vicinity of ski lifts and the cable car top station 1/10/06

 

Der Massen-Tourismus kennt kein Erbarmen. Schmutzrinde, Schladminger Gletscher, 1. 10. 2006

Von den mit einem Bagger aufgetürmten Schneebergen des Dachstein Super Parks für die Snowboarder sind nur noch abgeschmolzene Reste vorhanden. Diese werden zur Aufrechterhaltung des Liftbetriebes verwendet. Der Gletscherkörper wird durch diese künstliche Schneeverfrachtung empfindlich gestört. 

Extensive mass tourism. Grime on the Schladming glacier. The snow heaps for the Dachstein Super Park  piled up by caterpillars, have almost completely thawed away. What still remains is used for grooming the ski tow tracks. This moving around of snow greatly affects the underlying ice layers.

 

Schneetransport zwischen Bächen und Wasserlacken für die Aufrechterhaltung des Schibetriebes. Im Werbefolder des Betreibers liest man neben dem Leitspruch MACHT was ihr wollt! auch vom Naturerbe im UNESCO Weltnatur- und Kulturerbe, von idealen Schneeverhältnissen und einem Winter ohne Ende. Wo bleiben die Versprechungen? Ist eine Werbung mit allen Mitteln unter Zuhilfenahme von nicht einhaltbaren Versprechungen und Blendung des Konsumenten seriös? Wann wird endlich im Naturerbe und mehrfach ausgewiesenen Naturschutzgebiet Natur saniert, anstatt mit einem Bagger Pisten planiert? Dazu eine Korrektur: Das Dachsteingebirge ist kein UNESCO Weltnaturerbe wie es auf Schautafeln und Werbeprospekten des Betreibers zu lesen ist, sondern Teil des UNESCO Weltkulturerbes Hallstatt. Hier wird mit Ungenauigkeiten und Unwahrheiten der Kunde falsch informiert. 

Wir fordern deshalb den Abbau aller Liftanlagen. Eine Rückbesinnung auf einem umweltfreundlichen, attraktiven Wander- und Bergsteigertourismus. Weg von einem Massenbetrieb mit Maschineneinsatz. Der hat in einer sensiblen Karstlandschaft mit riesigen Quellwasserreserven nichts zu suchen! Schladminger Gletscher, 1. 10. 2006

Snow transportation between running water and puddles, necessary for the upkeep of skiing facilities. A tourist brochure shows off with the motto Do as You Like, states that the area is a UNESCO nature heritage zone, writes about ideal snow conditions and an everlasting winter. What have all the promises come to? Do such statements contain serious Information for the prospective customer? When will a nature heritage area be redeveloped instead of being groomed for ski runs by machines? We therefore demand the removal of all ski lifts. We should revive hiking and mountaineering, which are compatible with the envirnment, we should get away from mass tourism made possible by machines. Such activities should be an absolute in a sensitive karst area that holds gigantic drinking water resources.

 

Welche Substanzen werden hier zur Pistenerhaltung aufgetragen?  Schladminger Gletscher, 30. 9. 2006

What substances are being sprayed on the snow here to improve the ski run conditions?

 

Chemische Substanz aus jüngster Zeit. Schladminger Gletscher, 3. 10. 2006

Recently applied chemical agents

 

Rußig-schmierige Substanzen auf der Schmutzrinde, Schladminger Gletscher, 1. 10. 2006

Sooty and greasy substances on top of the grime.

 

Langlaufwachs auf der Schmutzrinde, Schladminger Gletscher, 1. 10. 2006

Ski wax on the grime

 

Müll auf dem  Schladminger Gletscher, 1. 10. 2006

Garbage on the Schladming glacier

 

Ein vor Jahren in dieser Gletscherspalte deponierter Müll erblickt durch den Abschmelzprozess des Gletschers wieder das Tageslicht. Schladminger Gletscher, 1. 10. 2006

Due to the thawing process garbage dumped into a crevasse comes to light again.

 

Schwarze Substanz und Müll von den nahen Loipen auf dem Hallstätter Gletscher, 25. 9. 2006

An unidentifiable substance and garbage from the cross—country course close by.

 

Bagger und Gletscher sind  mit einer intakten Umwelt nicht in Einklang zu bringen! Schladminger Gletscher, 30. 9. 2006

In a sound environment caterpillars are incompatible with glaciers.

 

Im Bereich des Messsteins am Schladminger Gletschers hat sich der Gletscher seit 2004 um 25,7 m zurückgezogen und um 2,4 m abgesenkt. Schladminger Gletscher, 1. 10. 2006

Near the survey marker on the Schladming glacier the ice has retreated 25.7m and reduced thickness by 2.4m

 

Im bereits vor 70 Jahren ausgeaperten und unter Naturschutz stehenden Gletschervorfeld wird gerade eine Piste planiert. Gletschervorfelder mit ihren Moränen sind die besten Klimazeugen und stehen deshalb in der Schweiz sowie in Tirol unter strengstem Naturschutz und sollten unantastbar sein. Jeder Eingriff gehört verboten! In Oberösterreich hat man dem Anschein nach von diesen Argumenten noch nie etwas gehört.  Schladminger Gletscher, 25. 9. 2006

In an area from which the glacier retreated 70 years ago and which is a nature reserve, a new ski run is graded. Such zones with their moraines are first—rate testimony for climatic changes and therefore strictly protected in Switzerland and Tyrol. Any infringement is prohibited. lt seems that Upper Austrian administrators have never heard of such a thing.

 

Sowohl Moränen als auch Permafrostschichten wurden angebaggert. Hier stört ein Neubau im unter Naturschutz stehenden Natura-2000-Schutzgebiet und Naturerbe im UNESCO Weltnatur- und Kulturerbe anscheinend keine Behörde. Dieser Pistenstreifen wird gewiss bald Forderungen nach einer Verbreiterung  wegen der herabstürzenden Felsen aus den angebaggerten Moränen aufkommen lassen. Auch hier schadet der Schibetrieb der Umwelt und der Natur! Schladminger Gletscher, 25. 9. 2006

Both moraines and permafrost layers have been dug up. A new construction in a Natura 2000 protected area, a UNESCO world nature heritage zone, doesn‘t bother officials. Rock falls originating from the exposed moraines will soon call for a widening of the ski run. Here ski activities cause damage to nature and environment.

 

Hallstätter Gletscher vom Taubenriedl, 28. 10. 2006

1850 erreichte der Hallstätter Gletscher beinahe den Gipfel des Taubenriedls und füllte die Kare des oberen und unteren Eissees aus. Die 1850er Moräne ist am unteren Bildrand gut zu sehen. 1928 reichte der Gletscher noch immerhin bis zum Fuß des Taubenriedls. 1850 hatte der Hallstätter Gletscher eine Fläche von 5,6 km² und eine Länge von 3,76 km. Der Flächenverlust hat die Ausdehnung des Gletschers bis heute bereits halbiert. Von der  Eismasse des einstigen Gletscherhochstandes sind noch annähernd 25% vorhanden. Vor dem Eisstein apert seit 3 Jahren eine Felseninsel aus, die bereits eine Höhe von 6 m erreicht hat. Im Bereich des Gjaidsteinsattels apern ebenfalls seit einigen Jahren Felsen aus. Die Ausdünnung des Eises schreitet rasch voran. Bleiben uns die warmen Sommer in den nächsten 20 Jahren erhalten, ist mit einer weiteren Halbierung der Dachsteingletscher zu rechnen. 

In 1850 the Hallstatt glacier extended almost to the top of Taubenriedl, thereby also filling the cirques of the upper and lower ice lakes. The moraine from 1850 is clearly visible on the lower edge of the photo. In 1928 the glacier still reached the foot of Taubenriedl In 1850 the Hallstatt glacier covered an area of 5.fl6 km2 and had a length of 3.76 km. Today its length and area have been reduced by more than 50 percent Only about 25 percent of the ice mass have remained. Ciose to the Eisstein a rocky cliff first appeared 3 years ago. In the meantime it is 6m high. In the vicinity of Gjaidstein saddle a couple of rocky ridges have thawed out of the ice. The thinning of the ice progresses. If the summers remain hot within the next 20 years, we must expect a further halving of the glaciers.

 

Buch-Tipp: Die Zuhälter des ewigen Schnees. Von Maurice Chappaz, Orte-Verlag 

 

Links:

 

http://www.anisa.at/Gletscherzustandsbericht_ Dachsteingebirge_2017.htm

http://www.anisa.at/Gletscherzustandsbericht_ Dachsteingebirge_2016.htm

http://www.anisa.at/Gletscherzustandsbericht_1999.htm

http://www.anisa.at/Gletscherzustandsbericht_2003.htm

http://www.anisa.at/Gletscherzustandsbericht_2006.htm

http://www.anisa.at/Gletscherzustandsbericht_2007.htm

http://www.anisa.at/Gletscherzustandsbericht_2008.htm

http://www.anisa.at/Gletscherzustandsbericht_2009.htm

http://www.anisa.at/Gletscherzustandsbericht_2010.htm

http://www.anisa.at/Gletscherzustandsbericht_2011.htm

http://www.anisa.at/Gletscherzustandsbericht_2012.htm

http://www.anisa.at/Gletscherzustandsbericht_2013.htm

http://www.anisa.at/Gletscherzustandsbericht_2014.htm

http://www.anisa.at/Gletscherzustandsbericht_2015.htm

 

 

Ergänzungen vorbehalten!

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