Beitrag am 12.09.2017 ins Netz gestellt.
© ANISA
Forschungsberichte der ANISA für das Internet. 2, 2017 (ANISA FB 2, 2017)
Gletscherbericht 2017
Schladminger und Hallstätter Gletscher, Dachsteingebirge
Oberösterreich und Steiermark
von Franz Mandl
mit einem Beitrag von Peter Baumgartner zur Gletscherstandsmessung am Hallstätter Gletscher
Inhaltsverzeichnis
Gletscherbegehungen und Gletschermessungen 2017
Aktuelle Informationen und Rückblicke
Die Denudationsentwicklung des Dachsteinkalks der eisfrei gewordenen Bankungen und Karstgassen am Rande des Schladminger Gletschers
Eispalast
Allgemeine Hintergrundinformationen
Schladminger Gletscher: 09.09.2017
Gjaidsteinsattel Bildbeitrag
Hallstätter Gletscher: 28.08.2017
Eispalast Bildbeitrag
Bildbeitrag: Die Denudationsentwicklung des Dachsteinkalks der eisfrei gewordenen Bankungen und Karstgassen am Rande des Schladminger Gletschers
Klimabericht Österreich 2017
Der Massentourist auf Schnäppchenjagd auf den Gletscherresten des Dachsteingebirges
Bildnachweis
Literatur
Gletscherbegehungen und Gletschermessungen 2017
Vorweg, der Gletscherrückgang an unserer Messlinie von 2017 knüpft an die Rekordjahre von 2003 und 2016 an!
Schladminger Gletscher
Begehung: 25.08 und 09.09. 2017. Bericht 12.09.2017.
Gletscherrand Rückzug 2016/2017 beträgt 8,53 m
Die Eisdickenabschmelze beträgt -3,30 m (ergibt sich aus 1,8 m Eisdickenabnahme an der Messmarke von 2016 bis zur Messmarke 2017 + 10° Differenz der abgeschmolzenen Gletscherhangsteigung zwischen 2016 und 2017 = ~1,5 m). Das Gefälle gegen Süden setzt sich weiter fort. (vgl. http://www.anisa.at/Schladminger_Gletscher_1850_2014_Klima_ANISA.htm)
Gjaidsteinsattel
Messpunkt mit Hand-GPS-Einmessung am 09.09.2017: 2618 m, 0396413-5258479 (UTM,T33 +/- 3 m).
Gjaidsteingrat, Strommast 2668 m, Wegweiser 2642 m (Tachymetermessung)
Verwendete Karte:
Österreichkarte 3217, Hallstatt, 1:50 000 (Anmerkung: die Alpenvereinskarte Blatt 14 gibt einige ungenaue Höhen- und Ortsangaben an!).
Aktuelle Informationen und Rückblicke
Der Schneedeckenhöhe des Winters 2016/2017 ist als durchschnittlich zu bezeichnen. Der Aufbau einer Schneedecke von mehreren Metern erfolgt meist erst zwischen Februar und Mai. Am 24.06.2017 betrug die Schneehöhe auf den Gletschern noch an die 2 m. Am 27.07.2917 schneite es auf den Gletschern. Die ca. 10 cm Neuschnee sind in wenigen Tagen abgeschmolzen. Vom 01.09 bis 05.09.2017 schneite es wieder. Die Schneedecke erreichte diesmal bis zu 30 cm. Nach einigen Tagen ist auch diesmal der Schnee wieder abgetaut. Am 19. und 20.09. regnet es im Tal intensiv und auf den Gletschern schneit es. Am 26.09. liegen noch an die 30 cm Schnee. Schnee liegt von Oktober/November bis Juni auf den Gletschern. Die Ablation beginnt im Juni und kann mit kurzzeitigen Neuschneeüberdeckungen bis weit in den Oktober andauern. Die schwarz verschmutzte Gletscherrinde ist lediglich im Sommer zu sehen.
1947 stand an der Messmarke, von der heute die Messlinie zum Koppenkarstein beginnt, ein ca. 30° steiler Eishang an. Damals überragte der Gletscher die 2017er Marke um etwa 38 m. Zwischen der Gletscherstandsmarke aus dem Jahr 1947 und der aktuellen Marke von 2017 gab es einen Längenrückgang von 97 m (1947 bis 2003 = 15,80 m, 2003 bis 2008 = 51,53 m, 2008 bis 2017 = 29,78 m). Von der Eisdicke schmolzen von 1947 bis 2003 lediglich ca. 0,5 m pro Jahr ab. Dagegen ergaben die Messungen in den letzten 14 Jahren eine durchschnittliche Absenkung der Eishöhe durch Ablation von etwas mehr als 1,00 m pro Jahr. (Messdaten errechnet auf Basis der Tachymetermessungen von 2014, mit Laserentfernungsmessung, DORISinterMAP und Messlatte.)
Wenn man den Gletscherstand der AV-Karte von 1915 und die dort eingezeichnete 2600-m-Höhenschichtlinie über das Orthofoto von DORIS 2015 legt und durch eigene GPS Messungen ergänzt, erhalten wir an der Messmarke 2017 eine Ablation von etwa 70 Höhenmetern.
Die Denudationsentwicklung des Dachsteinkalks der eisfrei gewordenen Bankungen und Karstgassen am Rande des Schladminger Gletschers
Die Denudation der aus dem Eis geaperten Karstgassen ist auf deren Seitenwänden geringer als auf deren kantengerundeten Graten. Die in diesen Gassen angesammelten Steine liegen auf dem Eis und weisen eine beachtliche Masse auf, die an den Wänden durch das Mitsinken frische Schrämmspuren hinterlassen. Die vom Gletschereis freigewordenen Karstgassen liegen in einem nur leicht geneigtem Gelände, in einer wilden zerklüfteten Karstlandschaft quer zum Gletscherabfluss. Das einstige Eis in den Karstgassen und Dolinen konnte dem Gletscherfluss nicht folgen und war mit beträchtlichen Höhen von bis zu 20 m tief stationär eingeschlossen. Der Denudationsunterschied zu weiter entfernten Klüften und Karstgassen ist hier viel geringer. Zweifellos ist das 2017 frei gewordene Areal viel länger unter einer Eisdecke gelegen als das hinter der Messmarke von 2003. Einer Datierung dieses Denudationsspektrum sollte in den kommenden Jahren besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Möglicherweise könnten hier wichtige Daten zu Langzeitständen des Gletschers und zur Klimageschichte der letzten 12 000 Jahre gewonnen werden. Siehe dazu den Beitrag zur 12 000 jährigen Klimageschichte auf den Seiten der Zentralanstalt für Metrologie und Geodynamik: https://www.zamg.ac.at/cms/de/klima/informationsportal-klimawandel/klimavergangenheit/palaeoklima/12.000-jahre.
Eispalast
Der Eispalast wurde wiederum mit einer großflächigen weißen Sonnenschutzplane mit Plastikbeschichtung abgedeckt. Diese von Umweltschützern als "Leichentücher" bezeichneten Planen werden von Jahr zu Jahr größer und erleben einen vermehrten Einsatz. Da die Oberfläche des künstlichen Höhlengebildes durch die Abdeckungen langsamer abschmilzt als der Gletscher, entsteht ein Schnee- und Eisberg, der sich bereits 10 m vom Gletscher abhebt. Siehe dazu auch den Bildbeitrag.
Schladminger Gletscher Lift
Besonders an den früheren Standorten der Liftmotoren zeigt der Gletscher seine verschmutzten schwarzen Wunden. Wassergräben leiten das Schmelzwasser des Wanderweges zur Dachsteinwarte ab. Die Sockeln der Liftstützen des Schladminger Lifts sind nach der Verlegung nach Osten und Fixierung 2016 wieder herausgeschmolzen und werden von Pistenraupen mit Eis und Schnee überdeckt, um das Abschmelzen zu verlangsamen. Fels apert bei den Stützen des Gjaidsteinsattelliftes aus. Ende August 2017 war der Schladminger Gletscher wie schon 2016 zu 95 % ausgeapert. Siehe dazu auch den Bildbeitrag.
Allgemeine Hintergrundinformationen
1850 betrug die Fläche des Schladminger Gletschers mit den Gjaidsteinosthängen (ohne Berücksichtigung der Neigung) 2,598 km², mit dem teils vergletscherten Mittersteinkar sogar bis zu 3,814 km² (laut Aquarell von Friedrich Simony 1842, Modereckalm). Der Umfang betrug 8,370 km. (Als Messpunkte dienten die gut sichtbaren Moränen, Schotterflächen, Erosionsflächen, Bewuchs, Wandbegrenzungen und der Gjaidsteinsattel. Quelle: Orthofoto, DORIS -Intermap des Landes Oberösterreich.)
2015 weist der Schladminger Gletscher nur noch annähernd 0,680 km² auf (ohne Berücksichtigung der Hangneigungen). Das ist ca. ein Viertel der ursprünglichen Fläche ohne Mittersteinkar. Der Umfang beträgt 4,135 km (Orthofoto, DORIS -Intermap des Landes Oberösterreich). Am Nordostrand des Schladminger Gletschers ist in den letzten 10 Jahren ein ca. 200 m langes und ca. 30 m tiefes Tal ausgeapert. Im Talgrund liegt noch ein mehrerer Meter hoher Toteisrest. Der vom Koppenkarstein herabgestürzte Sprengschotter der Militärstation aus den 1970er-Jahren hat den Gletscherrand erreicht.
Nach der langjährigen Messreihe lässt sich feststellen, dass im Bereich der Messlinie (Gletschermarke 2015) die Eisdicke seit 1947 um ca. 41 m abgeschmolzen ist. Diese Absenkung erfolgt aber nicht gleichmäßig über den ganzen Gletscher verteilt. Denn der stärker beschattete und mit dem Schnee von Lawinen gespeiste obere Gletscherrand verliert langsamer an Höhe. Gegenwärtig und wahrscheinlich auch in nächster Zeit verlangsamt sich an der Messlinie der Rückgang der Länge, denn der Gletscher überdeckt dort noch ein kleines Karstplateau oder möglicherweise ein Karsttal, eine Karstgasse bzw. eine Karstgrube. Falls sich diese Karstgasse bis zu den Nordwänden des Koppenkarsteins erstreckt, könnte dort eine kleine, bis zu 100 m tiefe Gletschermasse existieren. Vielleicht ergibt sich in den nächsten Jahren die Möglichkeit, die Eistiefe mit einem Tiefenradar erneut und exakter zu messen. Zusammenfassend mussten wir im letzten Jahrzehnt eine starke Abnahme der Eismasse feststellen, die mit der derzeitigen zweifelsfrei anthropogen beeinflussten Klimaerwärmung korreliert.
Auf dem etwa 100 m höher gelegenen Gjaidsteinsattel wurden ähnliche Verhältnisse wie bei unseren beiden Messsteinen am Rand des Schladminger Gletschers vorgefunden. 1896 berichtet M. Groller, dass der Gletscher bis zu dem Messpunkt (2668 m) reichte "[...] um an der Schneide der beiden benachbarten Gletscher mit einer sehr zerklüfteten und verwitterten Endkuppe unter dem Firn zu verschwinden." Diese Endkuppe kann nur die Erhebung, auf der heute ein Strommast und etwas darunter eine Bergrettungshütte stehen, sein. Die hier 2014 durchgeführte Tachymetermessung ergab ebenfalls die Höhe von 2668 m! In der Gletscherkarte von A. Hübner 1901 reichte das Eis beim damaligen Gjaidsteinsattel nur noch bis 2649 m hinauf. Von diesem alten Messpunkt bis zum Gletscherbeginn von 2014 ist der Gletscher 107 m zurückgewichen. Er reicht hier nur noch bis 2630 m (Tachymetermessung) minus 1,00 m Maßstabmessung von 2015. Groller misst 1896 eine Höhendifferenz von 39 m und Hübner 1901 nur noch 20 m. Die damalige Höhe der Gletschermasse lag erheblich über dem Messpunkt des Messsteins II von 2015. Um 1900 lagerte ein von der Ramsau aus gut sichtbarer Gletschersaum von mehreren Metern Höhe auf der Südwand auf, von dem heute nichts mehr zu sehen ist.
Schladminger Gletscher: 09.09.2017
Messmarke 2017. Die Eisdickenabnahme (Messmarken und Hangneigungsdifferenz) zwischen den Messmarken 14.09.2016 und 09.09.2017 beträgt 3,30 m.
Zur Veranschaulichung der Messlinie wurden drei Messpunkte mit den dazugehörenden Jahreszahlen in das Luftbild von 13.08.2015 eingetragen. Zusätzlich werden die Höhenschichtlinien gezeigt. Die Gelbe Linie zeigt den Gletscherstand zur Zeit des Baues des Mittersteinlifts um 1980, dessen Bergstation unmittelbar am Gletscherrand stand. Heute dient die Einmessung des damaligen Gletscherrandes als Katastergrenze. Diese Linie verläuft südlich der Messmarke von 1947.
Blick vom Mittleren Gjaidstein zum Rest des Schladminger Gletschers. 25.08.2017
Der Eissee des Schladminger Gletschers. Der Seespiegel senkt sich mit der Ablation des Gletschers ab. 25.08.2017
Gjaidsteinsattel Bildbeitrag
Blick über den Schladminger Gletscherlift zum Eispalast. 09.09.2017
Das aus dem Eis herausgeaperte Gestein im Bereich des Gjaidsteinsattels weist eine schwarze Patina als Folge des ehemals intensiven Skibetriebes auf. 09.09.2017
Herausgeschrämmte Stufen am Beginn des Aufstieges zum Kleinen Gjaidstein. 25.08.2017
Herausragendes Gestein wird mit Eis und Schnee überdeckt. 25.08.2017
Auf dem Kleinen Gjaidstein errichtete man eine Gesteinspyramide zur Unterhaltung der Touristen. Auf einer Tafel wird auf den Naturschutz verwiesen. Von diesem ist hier aber sehr wenig zu erkennen. 25.08.2017
Blick vom Hunerkogel zum Gjaidsteinsattel. 25.08.2017
Eisbaggern aus dem naturnahen Westen in Richtung massentouristisch genützten Osten. Für die Stabilisierung und Abdeckung der Liftanlage und des Eispalastes. 25.08.2017
Taxidienste mit Schneemobilen. 09.09.2017
Liftstützen prägen den oberen Bereich des Gjaidsteinsattels. 09.09.2017
Hallstätter Gletscher: 16.08.2017
Hallstätter Gletscher. Übersicht der Messmarken 2017. Messmarken und Foto von Peter Baumgartner. 16.08.2017
Dickenverlust 2016/2017 ca. 1,3 m
Längenverlust
2016/2017
ca. 3 m (Längenverlust fällt am Messpunkt wegen steiler Felsstelle kürzer aus)
Auf der tiefsten zugänglichen Stelle (2.320 m) habe ich heuer erstmals einen Messpunkt (Messpunkt 2) angebracht.
Was positiv auffällt: Der Gletscher ist nicht so
verschmutzt wie zuletzt. Firnfelder sind seitlich auch noch vorhanden.
Hallstätter Gletscher. Messmarken 2017. Messmarken und Foto von Peter Baumgartner, 16.08.2017
Hallstätter Gletscher. Messmarken 2017. Messmarken und Foto von Peter Baumgartner, 16.08.2017
Hallstätter Gletscher. Messmarken 2017. Messmarken und Foto von Peter Baumgartner, 16.08.2017
Hallstätter Gletscher. Alte Signalstange. Foto von Peter Baumgartner, 16.08.2017
Blick vom Hohen Gjaidstein auf den Hallstätter Gletscher. 25.08.2017
Blick vom Niederen Gjaidstein zum Hallstätter Gletscher mit Hohem Dachstein. 25.08.2017
Das Zungenende des Hallstätter Gletschers vom Taubenriedel aus gesehen. 25.08.2017
Blick vom Niederen Gjaidstein zum Hallstätter Gletscher. 25.08.2017
Der Hallstätter Gletscher weist im Norden des Eissteins eine geringe Eisdicke auf. Abgetautes Eis legt Gesteinsflächen frei. In wenigen Jahren wird der Eisstein ohne Gletscherbegehung erreichbar sein. Blick vom Hohen Gjaidstein zum Hallstätter Gletscher mit Hohen Dachstein. 25.08.2017
Blick vom Hohen Gjaidstein auf den ausgeaperten Hallstätter Gletscher mit Hohem Dachstein. Die schwarze Schmutzrinde ist augenfällig. In diesem Bereich wird der Gletscher mit Pistenraupen und Schneemobilen bewirtschaftet. 25.08.2017
Eispalast Bildbeitrag
Der mit Plastikplanen abgedeckte Eispalast am Fuße des Hunerkogels. Der Gletscher taut daneben immer weiter ab. In der Nähe zeigen sich bereits erste Felsinseln. Der Eispalast ist bereits nach seinem zehnjährigen bestehen ein Denkmal des gletscherzerstörenden Massentourismus geworden. 09.09.2017
Kleine Berge großer Bagger am Fuße des 10 m hohen Eispalast. Der hochalpine Kampf um den Schnee. 25.08.2017
Plastikplane mit Haltegewichten. 09.09.2017
Bildbeitrag. Die Denudationsentwicklung des Dachsteinkalks der eisfrei gewordenen Bankungen und Karstgassen am Rande des Schladminger Gletschers
Eine der nach der Eisabschmelze freigegebenen Karstgassen im Bereich unserer Messlinie. 09.09.2017
Diese Karstgasse ist teils noch mit Eis gefüllt. Auf dem Eis liegen Gesteinstrümmer und Schotter. Das in den letzten Jahren durch Ablation entstandene Gletschervorfeld lag zumindest bis zum mittelalterlichen Klimaoptimum vor 1000 Jahren unter einer Eisdecke begraben. Damals könnte der Gletscherstand ähnlich gewesen sein wie heute. Andererseits deuten Gletscherfunde wie z.B. "Ötzi" der Mann im Eis (Ötztaler Alpen) und die Baumfunde im Gletschervorfeld der Pasterze (Hohe Tauern) darauf hin, dass die heutigen Gletscherstände mit denen des Neolithikums und der Kupferzeit (Frühholozän) zu vergleichen sind. 09.09.2017
Die Seitenwände der Karstgasse werden von den abgleitenden Gesteinstrümmern aufgekratzt. 09.09.2017
Kleine und große Wannen auf der Leeseite von Rundhöckern weisen auf abfließendes Wasser und der inzwischen abgeschmolzenen Eismasse hin. Die Grate der Bankungen und Karstgassen weisen Denudationen durch Wasser und Abschliffen auf. Auch ist hier die Strömungsrichtung des Wassers sehr gut sichtbar. 09.09.2017
Versteinerung eines Meerestieres? 09.09.2017
Umweltimpressionen. Ein Bildbeitrag
Der Schladminger Gletscher am Nordrand des Koppenkarsteins. Dort befindet sich der Tunnel zur Südseite des Berges. 25.08.2017
Der Schladminger Gletscher reichte einst bis zur Sesselliftstation. Heute wird versucht Schnee für eine Rampe zu lagern. 09.09.2017
Die 2016 versetzten Liftstützen auf dem Schladminger Gletscher ragen 2017 bereits wieder aus dem Eis hervor. 09.09.2017
Die 2016 versetzten Liftstützen auf dem Schladminger Gletscher ragen 2017 wieder aus dem Eis hervor. 09.09.2017
Schmelzwasserbach auf dem Schladminger Gletscher. 09.09.2017
Schmelzwasserbach auf dem Schladminger Gletscher. 09.09.2017
Kein schöner Anblick im Naturschutzgebiet Dachsteingebirge. 09.09.2017
Schnee und Eis sollen das Abtauen der Liftsockeln verhindern. 09.09.2017
Durch die Gewinnung von Eis für die Abdeckung der Liftstützen und und der westlichen Seite des Eispalastes entstand eine Terrasse. Südrand des Schladminger Gletschers. 09.09.2017
Klimabericht der Zentralanstalt für Metrologie und Geodynamik. Österreich 2017
Sommer 2017: https://www.zamg.ac.at/cms/de/klima/news/drittwaermster-sommer-der-messgeschichte
Die 2016 versetzten Sockeln der Liftstützen auf dem Schladminger Gletscher ragen bereits 2017 wieder aus dem Eis hervor. 09.09.2017
Damit ist ein Wetterextrem in den letzten 30 Jahren zu beobachten, welches, falls diese Temperaturspitzenwerte in den kommenden 40 Jahren anhalten, ein gänzliches Abschmelzen der Gletscher verursachen würde. Noch nie war zuvor nach den bisherigen Ergebnissen der Klimaforschung, in einem so kurzen Zeitabschnitt, ein solch extremer Klimaverlauf zu beobachten.
Seit 170 Jahren beschleunigt sich die Massenabnahme der Gletscher
durch die von Menschen beschleunigte Erderwärmung
Der Temperaturanstieg und der
damit verbundene Gletscherrückgang beschleunigten sich durch die anthropogene
Beeinflussung seit dem Beginn der Industrialisierung und des damit erhöhten
Schadstoffoutputs. Die Gletscherforschung der letzten 170 Jahre hat die
Gletscherstände in den Alpen penibel dokumentiert. Mit diesen Daten sind
Massenbilanzberechnungen möglich, deren Ergebnisse unumstößlich sind. Heute gibt
es in den Alpen einen kläglichen Rest von etwa 20 % der einstigen Gletschermasse
des neuzeitlichen Maximalstandes von 1850. Dieser Gletscherrest verkleinert sich
nunmehr bereits auch für Laien sichtbar jährlich. Als plakatives Beispiel sei
die gut erreichbare Pasterze im Glocknergebiet genannt. Eine
Gletschermassenabnahme in so kurzer Zeit hat es in früherer Zeit nicht gegeben.
Auch dazu liegen wissenschaftlich belegte Daten von Eiskernbohrungen vor:
https://www.zamg.ac.at/cms/de/klima/informationsportal-klimawandel/klimaforschung/klimarekonstruktion/eisbohrkerne;
https://de.wikipedia.org/wiki/Eisbohrkern;
http://epic.awi.de/25478/1/2011Lu%CC%88neburg.pdf.
Viele der kleinen Gletscher sind zwischen 1970 und 2000 bereits verschwunden.
Dazu gehören die in den älteren Landkarten noch eingezeichneten Eisfelder am
Waldhorn und Elendberg in den Niederen Tauern.
Der Massentourist auf Schnäppchenjagd auf den Gletscherresten des Dachsteingebirges
Der 181 Seiten umfassende kleinformatige
Sommercard-Katalog der Schladming-Dachstein-(Tauern) Angebote, Werbeprospekte,
Werbung in Druckmedien und in den elektronischen Medien, veranlasst die
Touristen auf Gratisfahrten-Schnäppchenjagd zu gehen. Dazu gehört an erster Stelle die
ansonsten 37,00 Euro teure Seilbahnfahrt zu den Dachsteingletschern auf 2700 m
Höhe. Dieses Verhalten der Gäste ist in einer Sammlerleidenschaft begründet und
damit als natürliches Verhalten zu bezeichnen. Kritik ist allerdings an den
Anbietern solcher Angebote zu üben, die die Gletscher wider die Natur
bewirtschaften. Mit Baggern und Pistenraupen werden Schnee und künstlich
zerkleinertes Gletschereisgranulat nach Bedarf verschoben und verfrachtet. Ist
ein ausgeapertes Loch ausgefüllt, fehlt die Schnee- und Eismasse dort, wo sie
entwendet wurde. Da hilft kein Abdecken mit den großflächigen
die Sonne reflektierenden Plastikplanen. Eine zweifellos aufwendige
Gletscherbewirtschaftung, die sich in naher Zukunft sicherlich weiterer
technischer Innovationen zum Nachteil der Natur bedienen wird, um den
Massentourismus in dieser naturverachteten Art weiterhin aufrechterhalten zu
können.
Der Massenandrang auf die Seilbahn kann nur noch mit
Reservierungen der Bahnfahrten gemeistert werden. Drängeleien sind an der
Tagesordnung. Als erholsam kann diese Fahrt nicht bezeichnet werden, jedoch ist
ein Erlebnisfaktor hervorzuheben, der unterschiedlich interpretiert werden kann.
Das Glücksgefühl oder die große Enttäuschung teilt man mit tausenden Gleichgesinnten in Bahn, auf den
Gletschern und schließlich im Hotel und mittels des allgegenwärtigen Smartphones.
Der
2734 m hohe
Kleine Gjaidstein ist in den letzten Jahren ein weiteres Opfer des
Massentourismus auf dem Dachsteingebirges geworden. Mit Bagger,
Schrämmbohrer, Meißel und Seilen wurde der Berg für Spaziergänge im hochalpinen
Gelände zurechtmodelliert. Eine Gipfelpyramide mit Erklärungstafeln verweist
unter anderem auf das hier geltende UNESCO-Naturerbe und den Naturschutz. Eine
Widerwärtigkeit der besonderen Art, denn die technisierte Naturzerstörung auf
dem Dachsteingebirge breitet sich wie ein bösartiges Krebsgeschwür stetig weiter
aus. Man sieht, dass in dieser einstmals hochalpinen Naturoase keine
Naturschutzgesetze gelten, sondern einzig die Macht des Geldes regiert. Dass in
den hochalpinen Räumen Naturschutzgesetze nach Bedarf von einer ausufernden
Massentourismuswirtschaft gebeugt werden dürfen, die auch bleibende Spuren
hinterlassen dürfen, ist trotz der bereits spürbaren anthropogenen
Klimaerwärmung mit den resultierenden Umweltkatastrophen auch in
Österreich, einer immer milder werdenden und wirtschaftsabhängigen Umweltpolitik
vorzuwerfen.
Literatur:
Der Dachstein. Werbeprospekt der Planai-Hochwurzenbahnen GmbH. 2017 und älter Exemplare.
Ganss, O/KÜMEL, F./SPENGLER, E: Erläuterungen zur geologischen Karte der Dachsteingruppe. Wissenschaftliche Alpenvereinshefte, Heft 15 (1954). Kartenbeilage 1:25 000 mit den Gletscherständen von 1914 und 1953. Kartengrundlage: Karte der Dachsteingruppe. Hrsg. v. Deutschen und Österreichischen Alpenverein 1915.
HAUTZENBERG, Maximilian: Schutz und Nutzung der Gletscher im alpinen Rechtsraum. Beiträge zu einem nachhaltigen Gletscherschutz in Österreich. Fachbeiträge des Österreichischen Alpenvereins. Serie: Alpine Raumordnung Nr. 38. Innsbruck 2013.
MANDL, Franz: Der Hallstätter Gletscher. Alte und
neue Forschungen. In: ALPEN. Archäologie, Geschichte, Gletscherforschung. FS: 25
Jahre ANISA, Verein für alpine Forschung. Mitt. d. ANISA, 25./26. Jg. 2006, S.
202 ff.
- Der Eisstein. Ein Beitrag
zur Eishöhenabsenkung in der Firnregion des Hallstätter Gletschers. In: ALPEN.
Archäologie, Geschichte, Gletscherforschung. FS: 25 Jahre ANISA, Verein für
alpine Forschung. Mitt. d. ANISA, 25./26. Jg. 2006, S. 216 ff.
- Der Schladminger Gletscher
und sein Rückzug seit 1850. In: ALPEN. Archäologie, Geschichte,
Gletscherforschung. FS: 25 Jahre ANISA, Verein für alpine Forschung. Mitt. d.
ANISA, 25./26. Jg. 2006, S. 228 ff.
- Der Schladminger Gletscher
auf dem Dachsteingebirge und sein Ganzjahresschibetrieb im Jahrhundertsommer
2003. In: ALPEN. Archäologie, Geschichte, Gletscherforschung. FS: 25 Jahre
ANISA, Verein für alpine Forschung. Mitt. d. ANISA, 25./26. Jg. 2006, S. 236 ff.
- Umweltschutz im Natura
2000-Gebiet Dachstein. Am Beispiel einer Beschwerde an die Europäische
Kommission. In: ALPEN. Archäologie, Geschichte, Gletscherforschung. FS: 25 Jahre
ANISA, Verein für alpine Forschung. Mitt. d. ANISA, 25./26. Jg. 2006, S. 242 ff.
-
Das entstehen von Schmutzrinden auf Gletschern. In: ALPEN. Archäologie,
Geschichte, Gletscherforschung. FS: 25 Jahre ANISA, Verein für alpine Forschung.
Mitt. d. ANISA, 25./26. Jg. 2006, S. 247 ff.
REINGRUBER, Klaus: Gletscherrückgang am Beispiel Dachstein. In: bergundsteigen, 100 (2017), 64-66.
SIMONY, Friedrich: Das Dachsteingebiet. Ein geographisches Charakterbild aus den Österreichischen Nordalpen. Wien 1895. 124-150.
Schlagwörter:
Zerstörung, die Masse zählt, Schwarzbau, UNESCO-Welterbe zur Ankurbelung des Massentourismus, Raubbau an der Natur, Mülldeponien, gebeugter Umweltschutz, kostenlose Gondelfahrt für den Massentourismus, Lift Neubau, Steiermark, Oberösterreich, Dachstein, technisierte Touristenunterhaltung, Werbemaschinerie, Gratisbahnfahrten, Parkplatzmangel, Stau, Naturschutz; Kunstwelten, Taxidienste mit Schneemobilen, Schmutzrinde ...
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© Alle Rechte vorbehalten! Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Fotos: Franz Mandl
weiterführende Links:
http://www.anisa.at/Gletscherzustandsbericht_ Dachsteingebirge_2017.htm
http://www.anisa.at/Gletscherzustandsbericht_ Dachsteingebirge_2016.htm
http://www.anisa.at/Gletscherzustandsbericht_2015.htm
http://www.anisa.at/Gletscherzustandsbericht_2014.htm
http://www.anisa.at/Gletscherzustandsbericht_2013.htm
http://www.anisa.at/Gletscherzustandsbericht_2012.htm
http://www.anisa.at/Gletscherzustandsbericht_2011.htm
http://www.anisa.at/Gletscherzustandsbericht_2010.htm
http://www.anisa.at/Gletscherzustandsbericht_2009.htm
http://www.anisa.at/Gletscherzustandsbericht_2008.htm
http://www.anisa.at/Gletscherzustandsbericht_2003.htm
http://www.anisa.at/Gletscherzustandsbericht_1999.htm
Zerstörung, die Masse zählt, Schwarzbau, UNESCO-Welterbe zur Ankurbelung des Massentourismus, Raubbau an der Natur, Mülldeponien, gebeugter Umweltschutz, kostenlose Gondelfahrt für den Massentourismus, Lift Neubau, Steiermark, Oberösterreich, Dachstein, technisierte Touristenunterhaltung, Werbemaschinerie, Gratisbahnfahrten, Parkplatzmangel, Stau, Naturschutz; Kunstwelten, Taxidienste mit Schneemobilen, Schmutzrinde ...
Dachstein-Chronologie: http://www.anisa.at/Dachstein%20Chronologie.htm